Psychotherapie International

Bericht aus den EAP Meetings

Im Juni fand in Athen ein 2-tägiges Meeting des Vorstandes und der verschiedenen Kommissionen statt, anfangs Oktober ein weiteres in Neapel.

Nachdem Prof. Alfred Pritz im Februar für eine weitere Amtsdauer im Amt als Generalsekretär gewählt wurde und angekündigt hatte, er werde einen Stellvertreter finden, welcher danach das Amt übernehmen könne, gab er in Athen bekannt, wen er dazu ausgesucht hat: Prof. Eugenijus Laurinaitis aus Littauen, Past-Präsident der EAP und noch immer Mitglied im Executive Board. Er ist noch etwas älter als Alfred Pritz. Von Verjüngung keine Spur, sondern ein getreuer Gefolgsmann wurde vorgeschlagen und auch gewählt. Der Neugewählte meinte, er würde sicher nicht so lange bleiben wie sein Vorgänger, sondern verstünde seine Tätigkeit als ein Übergangsmandat und wolle seine Amtsperiode dann nutzen, um einen jüngeren Nachfolger für sich selbst zu suchen.

Inhaltlich war ein umstrittenes Geschäft erneut die Frage, wie lange eine Psychotherapieausbildung zu dauern habe. Zwei Modelle stehen zur Debatte: Erst 3 Jahre Bachelor oder Äquivalent in Sozialwissenschaften, dann 4 Jahre berufsbegleitende Weiterbildung zum Psychotherapeuten an einem privaten Institut (gesamthaft 7 Jahre - bestehende Regelung der EAP), oder ob auch ein Direktstudium in Psychotherapiewissenschaft mit integrierter Psychotherapieausbildung (3 Jahre Bachelor und 2 Jahre Masterstudium, gesamthaft 5 Jahre- nach dem Modell der SFU (Sigmund Freud Privatuniversität Wien), möglich sein solle. Hintergrund: Derzeit können AbsolventInnen der SFU zwar die staatliche Anerkennung als Psychotherapeuten erhalten (in Österreich, dank EU-Recht aber auch in anderen EU Ländern, falls sie vorher in Österreich eine Zulassung hatten), nicht aber ein ECP (European Certificate of Psychotherapy) der EAP erhalten, da sie nicht gemäss den EAP Kriterien ausgebildet sind.

Ken Evans votierte in Athen vehement gegen die Verkürzung der Ausbildungszeit und belegte seine Position mit der Stellungnahme von anderen Universitäten, welche das Modell 3+4 anwenden. In Neapel vertrat dann Prof. Alfred Pritz (nebst seiner Position als Generalsekretär der EAP auch Rektor der SFU) sein Modell des Vollzeitstudium 3+2 Jahre.

Ken Evans ist zwischen diesen beiden Sitzungen überraschend verstorben. Die EAP verliert mit ihm einen markanten Denker und verdienten ehemaligen Präsidenten.

Die Diskussion um die beiden Modelle, und inwieweit die Reglemente der EAP angepasst werden sollen oder eben nicht, soll an den nächsten Meetings wieder aufgenommen werden. Die EAP will als Ziel beibehalten, die Psychotherapie als freien Beruf im Rahmen des EQF (European Qualifications Framework) auf der Ebene von wissenschaftlichen Berufen zu positionieren, um eine Grundlage für die Anerkennung in allen Europäischen Ländern zu haben.

Die Befürworter einer Änderung betonen, dass die 5 Jahre an der SFU einem Vollzeitstudium entsprächen und die Inhalte von Beginn weg auf die Psychotherapie ausgerichtet seien. Bei der bisherigen Regelung sei ein Bachelor in Sozialwissenschaften erforderlich, doch könne der inhaltlich ziemlich weit weg von psychotherapierelevantem Grundlagenwissen liegen. Ausserdem sei die 4-jährige Weiterbildung in Psychotherapie als berufsbegleitende Teilzeitausbildung konzipiert, nicht als Vollzeitstudium wie an der SFU.

Für uns Schweizer und Delegierte anderer Länder, die entsprechende gesetzliche Regelungen haben, ist diese Diskussion manchmal etwas seltsam. Zum Vergleich: In der Schweiz gilt die Regelung 5 + 2-4, also ein konsekutives Psychologiestudium mit Bachelor und Master und erst dann eine 2-4-jährige Weiterbildung in Psychotherapie. Die Ausbildung zum Psychotherapeuten dauert hierzulande somit 7-9 Jahre. Hier über eine Verkürzung nachzudenken und auch in der Schweiz ein Studium anzustreben, welches die Weiterbildung in Psychotherapie (zumindest teilweise) in das Studium integriert, finde ich sehr legitim.

So wäre etwa ein Modell denkbar, welches auf Bachelorstufe psychotherapierelevantes Grundlagenwissen und einen Überblick über verschiedene Therapierichtungen gibt. In der Masterstufe könnte man mit der Weiterbildung nebst der wissenschaftlichen Forschungsausbildung beginnen. Postgradual könnten weitere 2 Jahre zur Vervollständigung der Weiterbildung (insb. Supervision und klinische Praxis) folgen. Zukunftsmusik auch für die Schweiz?

An beiden Meetings präsentierte eine Arbeitsgruppe Resultate einer Umfrage zum Marketing mit dem ECP. In Holland können Psychotherapeuten, welche über ein ECP verfügen, Versicherungsleistungen für ihre KlientInnen in Anspruch nehmen, selbst wenn sie nicht im Register der staatlich anerkannten Psychotherapeuten stehen. Ähnlich wie bei uns jene Berufsgruppen, welche im «Ergänzungsmedizinischen Bereich» tätig sind. Der von der EAP privatrechtlich verliehene Titel ist dort also etwas wert. Andere Länder sollen dadurch ermutigt werden, ebenfalls ein Marketing für das ECP zu betreiben und solche Verhandlungen mit den Versicherungen aufzunehmen. In der Schweiz geht das holländische Modell aus rechtlichen Gründen allerdings nicht. In Deutschland dank des Heilpraktikergesetzes hingegen schon.

Die Diskussion um die Abgrenzung von Psychotherapie und esoterischen und spirituellen Praktiken, in der Folge der in Österreich erlassenen Richtlinien, wird in der eingesetzten Arbeitsgruppe weiterhin intensiv geführt (wie auch in dieser Zeitschrift).

Eine wichtige Initiative kam aus dem SARC (Science and Research Committee). Das Projekt, im Februar 2016 eine Initialtagung zur Forschung zu veranstalten, wurde ohne Gegenstimme genehmigt. In Neapel konnte bereits das Programm präsentiert werden. Titel der Tagung: «Connecting Psychotherapy Practice and Research» Datum: 16./17. Februar 2016 in Wien. Für diese Tagung wurden die ReferentInnen eingeladen. Kriterium war, dass sie unterschiedliche, für die Psychotherapie geeignete Forschungsansätze anwenden und konkrete Projekte in diesen Ansätzen präsentieren können. Ziel der Tagung ist es, länder- und methodenübergreifende Forschungsprojekte zu initiieren, welche den enormen Pool der EAP mit all ihren europäischen Fachverbänden und nationalen Dachorganisationen und deren Einzelmitgliedern für die Forschung nutzbar macht. Vielleicht kann so die PAP-S (Praxisstudie Ambulante Psychotherapie Schweiz) in europäischem Rahmen nochmals durchgeführt werden? Ich empfehle auch den ASP Mitgliedern die Teilnahme an dieser Tagung. Informationen: www.europsyche.org.

Peter Schulthess

Delegierter der ASP im Vorstand der EAP

(gemeinsam mit Gabi Rüttimann)