Psychotherapie international

Peter Schulthess

Bericht aus der EAP

Die EAP-Herbst-Meetings fanden vom 28. bis 30. September in Antwerpen statt. Es gab eine hohe Sitzungsfrequenz, dadurch aber auch Raum, Fachliches zu diskutieren. Statt der üblichen drei Sitzungen des General Board gab es diesmal deren fünf. Daneben fanden auch die Committee-Meetings und die Sitzungen von Arbeitsgruppen statt.

Es war spürbar, dass der aktuelle Präsident, Philippe Vranken (Belgien) einen neuen Führungsstil verkörpert und innovativ wirkt. Er legte einen gemeinsam mit einem externen Lobbyisten erarbeiteten strategischen Plan für die Aktivitäten der EAP für die nächsten Jahre vor, den es zu diskutieren galt. Ziel ist es, den EAP-Psychotherapeutentitel in der EU als Qualitätsmerkmal bei PolitikerInnen und europäischen Gremien besser bekannt zu machen und auf eine europäische Regelung des Psychotherapeutenberufes als eigenständigen wissenschaftlichen Beruf zu drängen, die unterschiedlichen Gesetzgebungen der EU-Länder zu harmonisieren und so die Migrationsfreiheit besser zu gewährleisten.

Dieses Thema und die Umsetzung der Strategie wird an den nächsten Meetings in Wien im Februar 2018 weiter zu diskutieren sein.

Das General Board hat nach seit drei Jahren andauernden Diskussionen in einer Working Group und dem Umfeld von deren Mitgliedern nun eine Guideline erlassen, betreffend das Thema von Psychotherapie und Religion, spirituellen Praktiken und esoterischen Methoden. Der Entscheid erfolgte einstimmig. Diese Guideline wurde gewünscht als Reaktion auf die österreichische Richtlinie. Sie wird im Anschluss an diesen Bericht wiedergegeben. Um das Thema fachlich vertieft behandeln zu können, hat das International Journal for Psychotherapy eine elektronische Sonderausgabe (gratis downloadbar) publiziert (www.ijp.org.uk/docs/IJP_Special_Issue_Psychotherapy_vs_Spirituality_Part_1.pdf) und wird in einer nächsten Ausgabe weitere Artikel zum Thema folgen lassen.

 

NUOC (Committee of National Umbrella Organisations)

Die ASP ist nach Erfüllung der letzten Auflage definitiv für die nächsten sieben Jahre als National Awarding Association akkreditiert. Der ungarischen Dachorganisation wurde der Status der National Awarding Organisation aberkannt, weil die Re-Akkreditierungsunterlagen trotz wiederholter Nachfristen nicht kamen. Sie verbleibt im Status einer National Umbrella Organisation. Die nationalen Organisationen wurden gebeten, die Angaben zur Gesetzgebung in ihrem Land zu aktualisieren.

 

EWOC (Europeanwide Organisations Committee)

In diesem Komitee wird jeweils auch über die wissenschaftliche Fundierung einer neu zur EAP stossen-wollenden Therapierichtung entschieden. Einmal mehr stritt man sich über die Anerkennbarkeit der Transpersonalen Psychotherapie anhand eines Beitrittsgesuches einer Fachorganisation von Psychotherapeuten, welche auch die Transpersonale Psychotherapie vertreten. Das Membership Comittee hatte sie akzeptiert, weil alle Mitglieder ausgebildete PsychotherapeutInnen seien. Über den methodenspezifischen Wissenschaftlichkeitsnachweis wurde aber im EWOC mit einer Pattsituation von je 50 Prozent pro und contra nicht entschieden. Jetzt sind sämtliche Mitgliedsorganisationen des EWOC aufgefordert, die zugesandten Unterlagen zu beurteilen und eine schriftliche Begründung ihrer Haltung abzugeben. Bisher hatte man sich auf Berichte zweier Experten abgestützt.

 

SARC (Science and Research Committee)

Dieses Komitee wird von Peter Schulthess präsidiert. Gemeinsam mit dem lokalen Veranstalter (FF2P – Federation Française des Psychotherapeutes et Psychoanalystes) wurden im Rahmen des WCP-Weltkongresses im Juli 2017 in Paris eine Reihe von wissenschaftlichen Panels veranstaltet und moderiert. Repräsentanten des Boards des SARC werden künftig auch an weiteren internationalen wissenschaftlichen Konferenzen teilnehmen, um ein Netzwerk zu ForscherInnenn zu pflegen und Impulse für Forschungsprojekte, an denen sich die Mitgliedsorganisationen und einzelnen EAP-PsychotherapeutInnen beteiligen können.

ETSC (European Trainingstandards Committee)

Die EAP möchte die Psychotherapie-Ausbildung im EQF (European Qualification Framework) auf Level 7 ansiedeln. Dazu braucht es eine Überarbeitung der Trainingstandards und die Überführung in das ECTS-System (European Credit Transfer System), wie dies bei Hochschulausbildungen üblich ist. Will man diese Erweiterung zur Anerkennung als wissenschaftliche Ausbildung vornehmen, so müssten wohl in allen Trainingsprogrammen Module zur Forschung eingebaut werden und die Institute müssten sich mit Hochschulen zusammenschliessen, damit entsprechende akademische Titel mit dem Abschluss eines Trainingsprogramms vergeben werden können. Das ist in verschiedenen Ländern zum Teil heute schon der Fall.

 

TAC (Trainings and Accreditation Committee)

Gesuche universitärer Programme zu EAP-Anerkennung, welche im Credit-System dargestellt sind, zeigen die Notwendigkeit eines klaren Umrechnungssystems der bisherigen Trainingsstandards in Stunden ohne Berücksichtigung der Selbstlerneinheiten, damit beurteilt werden kann, ob eine solche Weiterbildung äquivalent und vergleichbar ist.

Weitere drei Institute konnten akkreditiert werden: ein Gestalttherapie-Institut aus Kroatien, ein Psychodrama-Institut aus Griechenland und ein TA-Institut aus Serbien.

 

Conversion Therapy

Im General Board Meeting wurde ein Statement der UKCP (United Kingdom Councel for Psychotherapy) zur Conversion Therapy als EAP-Statement adopiert. Konversionstherapie (auch reparative Therapie genannt) geht davon aus, dass von Heterosexualität abweichende Formen der sexuellen Orientierung eine Krankheit seien, die mit geeigneter Therapie behandelt werden könnten, also die sexuelle Präferenz quasi umgepolt werden könnte. In Grossbritannien ist dies offensichtlich ein heisses Thema. Die EAP geht mit dem UKCP einig, dass solche Versuche unprofessionell sind und gegen die berufsethischen Leitlinien der Psychotherapeuten verstossen. Das Statement ist auf folgendem Link einsehbar: www.psychotherapy.org.uk/about-ukcp/public-policy/conversion-therapy/

Einen Artikel zum Thema hat Tom Warnecke im International Journal for Psychotherapy (2013, Vol. 17, No. 2, S. 74–85: ISSN 1356-9082) publiziert: «What can Psychotherapy do? Psychotherapy paradigms and sexual orientation».

 

Family Alienation Syndrome und Parental Alienation Syndrome

Aus einer Arbeitsgruppe orientierte eine Kollegin über die Problematik des Family Alienation Syndrome (Familien-Entfremdungs-Syndrom) und das Parental Alienation Syndrome (PAL, Eltern-Entfremdungs-Syndrom). Diese Syndrome erhalten in Gerichtsfragen, wo es um das Sorgerecht für die Kinder geht, hohe Bedeutung. Obwohl diese Syndrome weder im ICD-10 noch im DSM 5 beschrieben sind, werden sie in der forensischen Praxis immer wieder als Diagnosen gestellt, sowohl von PsychologInnen wie auch von SozialarbeiterInnen, auf welche sich die Gerichte dann stützen in ihren Urteilen. Betroffen sind in der Regel Familien mit traumatisierter Geschichte und innerfamiliärer Gewalt. Diese Diagnosestellung und die darauf gestützten Urteile, zum Beispiel zur Wegnahme des Kindes von einer Mutter (manchmal schon kurz nach der Geburt) oder zum unwiderruflichen Entzug der elterlichen Gewalt und des Besuchsrechtes eines Vaters hat manchmal schreckliche Folgen gezeigt: Steigerung der Gewaltspirale bis hin zu Mord oder Selbstmord. Es entspann sich eine rege Diskussion unter Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten. Einig war man sich, dass man diese nicht gesicherte Diagnose nie stellen sollte und professionell eine systemische Sichtweise einnehmen sollte, um an der Verbesserung der Familienbeziehungen arbeiten zu können. Die Arbeitsgruppe wurde beauftragt, entsprechende Guidelines zu erarbeiten.

 

WCP Kongress in Paris

Am 24. bis 28. Juli 2017 fand der «8. Weltkongress für Psychotherapie» des WCP (World Council for Psychotherapy) in Paris statt. Das übergeordnete Kongressthema lautete: «Life and Love in the 21st Century». Ca. 850 Teilnehmende waren zugegen. Es gab ein reichhaltiges Programm mit Präsentationen und Workshops. Ein ausführlicherer Kongressbericht findet sich in der Zeitschrift Psychotherapie-Wissenschaft, Heft 2-2017. Hier soll Bericht erstattet werden über die Mitgliederversammlung des WCP: 31 Mitglieder des erweiterten Vorstandes waren zugegen, ausserdem 10 Gäste. Der nächste Kongress findet in Russland statt und zwar gleich in drei Städten: der Vorkongress in St. Petersburg, der Hauptkongress in Moskau (26.–29. Juni 2020) und der Nachkongress am Baikalsee. Wer also seine psychotherapeutische Fortbildung mit einer ausgedehnten Russlandreise verbinden will, wird vollauf die Kosten kommen.

2023 wird der Kongress als Jubiläumskongress des WCP in Wien stattfinden. Auf diesen Zeitpunkt hin hat Alfred Pritz seinen Rücktritt als Präsident angekündigt.

Für den Kongress 2026 gibt es verschiedene Veranstalter-Interessenten. Sie sind eingeladen, die Präsentationen ihrer Kandidaturen am nächsten Kongress 2020 zu machen.

Alle Mitglieder des Vorstandes wurden für weitere 6 Jahre im Amt bestätigt.

Auf Antrag des Fellowship Committees wird die Schaffung einer neuen Mitgliedschaftskategorie für «verdiente» Persönlichkeiten beschlossen. Diese erhalten eine spezielle Urkunde und dürfen dafür als «Fellows» künftig einen höheren Mitgliederbeitrag bezahlen … Alle Board Members wurden zu Fellows erklärt.

Das WCP ist bei den UN als Fachverband vertreten. Judy Kurianski vertritt den Verband in New York. Sie bittet immer wieder um Berichte aus den Ländern, welche zeigen, wie die Psychotherapie sich auch gesellschaftlicher Probleme annimmt.

 

Peter Schulthess ist Delegierter für die ASP im Vorstand der EAP und Repräsentant für die Schweiz im Board des WCP

peter.schulthess@europsyche.org