Buchbesprechung

Dumpert, Hans-Dieter & Schaller, Roger (2017):
Rollenspiel. Techniken der Verhaltenstherapie
Weinheim: Beltz, 210 Seiten, 26,95 Euro, 37,90 Franken (auch als E-Book erhältlich)

https://doi.org/10.30820/8245.14

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Hans-Dieter Dumpert und Roger Schaller legen mit dem Band Rollenspiel in der Reihe «Techniken der Verhaltenstherapie» ein sehr gut lesbares Handwerksbuch zur Anwendung des Rollenspiels als Technik in der Verhaltenstherapie vor. Rollenspiele können natürlich auch in anderen Therapieverfahren angewendet werden und so ist dieses Buch auch für einen weiteren PsychotherapeutInnenkreis von Nutzen. Es ist sehr anschaulich geschrieben und wirkt wie ein Werkzeugkoffer für PraktikerInnen, die Rollenspiele in verschiedenen Ausgestaltungen in den therapeutischen Prozess einbauen wollen.

Erst bin ich (als Gestalttherapeut) etwas über den Titel gestolpert, der suggeriert, dass Rollenspiel eine typische verhaltenstherapeutische Technik sei. Ich hatte Rollenspiel bisher dem Psychodrama, der Gestalttherapie, der emotionsfokussierten Therapie (EFT) oder der Schematherapie zugeordnet. Im Text des Buches wird dann aber deutlich, dass dies ein Beispiel dafür ist, wie in der «dritten Welle» der Verhaltenstherapie auf pragmatische Weise auch Techniken aus anderen Therapiemodellen einbezogen und dann als verhaltenstherapeutische Techniken bezeichnet werden. Begründet wird die Verbindung mit Rollenspiel sehr nüchtern: «Es passt zur Verhaltenstherapie.»

Was im Buch nicht erörtert wird, sind Fragen einer Integrationstheorie, etwa wie therapeutische Ansätze mit unterschiedlichem Menschenbild (hier die Verhaltenstherapie mit ihrer lerntheoretischen Basierung und das Psychodrama mit einem humanistischen Menschenbild) verbunden werden können. Auch Forschungsfragen werden nicht erörtert, um zum Beispiel zu untersuchen, ob Verhaltenstherapie in Verbindung mit Rollenspielen besser wirkt als ohne. Auch ein Bezug zur Forschung von Lesley Greenberg fehlt, die empirisch gut belegt, dass etwa die Zweistuhltechnik sehr wirksam ist, da so die Arbeit zur Veränderung von Gefühlen möglich wird, anders als in rein kognitiven Therapien.

Aber all das ist auch nicht das Anliegen dieses Buches. Es will eine Anleitung für PratikerInnen bieten, wie man verschiedene Formen von Rollenspielen in die Therapie einbeziehen kann und geht davon aus, dass Rollenspiel ein beobachtbar effizientes Mittel zur Vertiefung von Therapieprozessen ist. Hans-Dieter Dumpert kommt aus der Verhaltenstherapie und Roger Schaller aus dem Psychodrama. Es ist den beiden gut gelungen, das weite Spektrum von Varianten des Rollenspiels darzustellen und so zu beschreiben, dass der/die LeserIn eine Anleitung für das therapeutische Handeln unter Einsatz dieser Möglichkeiten bekommt.

Das Buch ist in acht Kapitel aufgeteilt: Einleitend werden die drei «Wellen» der Verhaltenstherapie beschrieben, das Rollenspiel als ihre Technik und die Vorteile, die dieses bringt.

Das zweite Kapitel beschreibt Grundbegriffe zur Bühne und zum Raum, die aus dem Psychodrama stammen. So gibt es verschiedene Bühnen und verschiedene Techniken, die gut beschrieben sind und zeigen, wozu sie sich jeweils eignen. Im dritten Kapitel wird der Begriff der «Szene», die in einem Rollenspiel aufgearbeitet werden kann, erläutert und an Beispielen aus der Praxis veranschaulicht. Das vierte Kapitel erläutert die Begriffe «Rolle» und «Rollenwechsel», wieder mit sehr illustrativen Beispielen aus der Praxis. Im fünften Kapitel geht es um das Rollenspiel mit Stühlen und die verschiedenen Möglichkeiten damit zu arbeiten: als Stuhl-Monolog, als Zweistuhl-Dialog, zur Darstellung von Situationen, zur Symbolisierung von Familienkonstellationen oder Konflikten am Arbeitsplatz, in Beziehungen und vielem mehr. Im sechsten Kapitel werden die Möglichkeiten des Rollenspiels im Verhaltenstraining gezeigt. Im siebten Kapitel geht es um «rollenspielartiges Ritual». Es wird die Bedeutung von Ritualen erläutert und es werden Beispiele gegeben, wie Rituale zur Therapieunterstützung entwickelt werden können, etwa zur Verarbeitung von Trennungen. Das letzte Kapitel trägt die Überschrift «Risiken und Sicherheit» und erläutert, worauf zu achten ist beim Einsatz von Rollenspielen und wie schlecht laufende Rollenspiele korrigiert werden können.

Das Buch ermuntert zum Einsatz von Rollenspieltechniken und ermutigt zum Experimentieren. In diesem Sinne kann ich das Buch PraktikerInnen zur Erweiterung ihres Interventionsrepertoirs gerne empfehlen.

Wer die Print-Version kauft, kriegt auch einen Code zum Download des E-Books. Es wird auch die Möglichkeit gegeben, Arbeitsmaterialien herunterzuladen und Videoclips zum Einsatz von Rollenspielen anzusehen. Das sind sehr nützliche Dienstleistungen und sie erhöhen den Wert des Buches.

Peter Schulthess