Gabriela Rüttimann
https://doi.org/10.30820/2504-5199-2019-1-4
Aus Anlass des 40-Jahr-Jubiläums gab die ASP die Publikation heraus mit dem Titel Psychotherapie in der Schweiz – Vom Ringen um die Anerkennung eines Berufsstandes.
Die ASP feiert ihr 40-jähriges Bestehen
Am 3. März 1979 wurde in Basel der Schweizerische Psychotherapeuten-Verband (SPV), heute ASP, gegründet. Er war damals der erste Verband, der sich in der Schweiz konsequent für den Berufsstand der praktisch tätigen Psychotherapeut*innen engagierte. Sein Ziel war es, die Psychotherapie, die damals weder gesellschaftlich anerkannt noch gesetzlich reguliert war, offiziell zu etablieren. Der Verband kämpfte für klar definierte Ausbildungsnormen und forderte als Voraussetzung für die Weiterbildung ein Psychologiestudium oder eine gleichwertige Ausbildung in einem humanwissenschaftlichen Fach. Die mehrjährige Weiterbildung sollte an einem anerkannten Weiterbildungsinstitut absolviert werden.
Es dauerte fast 40 Jahre, bis der Psychotherapieberuf mit dem PsyG in ein Gesetz gefasst worden ist. Voraussetzung für die Psychotherapieweiterbildung ist seither ein Psychologiestudium; humanwissenschaftliche Studien sind nicht mehr zugelassen. Unsere Vision eines Psychotherapiestudiums als eigenständige wissenschaftliche Disziplin bleibt bisher unerreicht – mindestens in der Schweiz. Deutschland macht es aber vor und hat Ende Februar ein entsprechendes Gesetz verabschiedet.
Die ASP nahm das 40-jährige Bestehen des Verbands zum Anlass, ihre Mitglieder und geladene Gäste ins KOSMOS in Zürich einzuladen, um das Jubiläum im Anschluss an die ordentliche Mitgliederversammlung gebührend zu feiern. Die Kombination von gemütlichem Kinosaal und Klubraum boten ein ideales Ambiente sowohl für die Feier wie auch für den anschliessenden gemütlichen Teil bei feinem Essen und DJ Daniel, der Musik aus den 70er, 80er und 90er Jahren auflegte.
Der ASP-Vorstand ist wieder komplett (v.l.): Gabriela Rüttimann (Präsidentin), Peter Schulthess, Veronica Defièbre (Vizepräsidentin), Nicola Gianinazzi, Sandra Feroleto
In meiner Festrede fasste ich die 40-jährige Geschichte zusammen, die Höhen wie Tiefen beinhaltet und die anschaulich in unserer Publikation Psychotherapie in der Schweiz – Vom Ringen um die Anerkennung eines Berufsstandes von dem Historiker und Journalisten Walter Aeschimann beschrieben wurde. Darin wird deutlich: Die Geschichte des Verbandes ist untrennbar mit der Entwicklung der Psychotherapie verknüpft. Die wirklich spannende Broschüre kann zum Preis von 35 CHF in unserem Sekretariat bezogen werden.
Ein weiteres Highlight war der Dialog zwischen Barbara Bleisch, Philosophin und Fernsehmoderatorin der «Sternstunde Philosophie» und Marcel Schär, Professor für Psychologie und Psychotherapie an der Zürcher Hochschule für angewandte Wissenschaften. Sie unterhielten sich zum Themenbereich «Entwicklung, Echtheit, Ethik – eine psychologisch-philosophische Spurensuche». Das Gespräch bestätigte, dass sowohl die Sicht auf den Menschen aus einer philosophischen wie auch psychologischen Sicht Erkenntnisse liefert, die äusserst spannend sind und sich gegenseitig befruchten können. Ich würde mich freuen, wenn wir die Diskussion weiterführen könnten.
Die Philosophin Dr. Barbara Bleisch im Austausch mit Prof. Dr. Marcel Schär zum Thema «Entwicklung, Echtheit, Ethik – eine psychologisch-philosophische Spurensuche»
Psychotherapie muss in die Grundversicherung
Die Forderung nach der Aufnahme von Psychotherapiebehandlungen in die Grundversicherung haben die Verbände mit Nachdruck nach Bern getragen. Nach der erfolgreichen Übergabe von 3 658 Protestbriefen, adressiert an Bundesrat Alain Berset, wurde die Kampagne mit einer Petition fortgeführt. Innerhalb von drei Monaten sind 94 422 Unterschriften zusammengekommen, die am 11. März 2019 von den beteiligten Organisationen im Bundeshaus abgeliefert werden konnten. Diesmal waren nicht nur die Mitglieder der Psychotherapie- und Psychologieverbände beteiligt, sondern auch solche von weiteren Organisationen. Die Aktion wurde auf die Strasse getragen, wo alle in der Schweiz wohnhaften Personen ihre Unterschrift abgeben konnten.
ASP als verantwortliche Organisation
Inzwischen sind vier von den sieben Weiterbildungsinstitutionen, die sich dem Konzept ASP Integral angeschlossen haben, von der AAQ zur Akkreditierung empfohlen worden. Alle Institute warten noch auf den definitiven Entscheid des EDI. Die Empfehlungen sind mit Auflagen verbunden, die innerhalb von zwei Jahren nach der Akkreditierung eingereicht werden müssen. Bei der Erfüllung der Auflagen wird die ASP als verantwortliche Organisation eine wichtige Rolle übernehmen müssen, was Sorgfalt und Transparenz im Umgang mit den Weiterbildungsinstitutionen erfordert.
Da im Laufe des Akkreditierungsprozedere Schwachstellen sichtbar wurden, will die ASP diese im Hinblick auf die nächste Akkreditierungsrunde zusammen mit den Weiterbildungsinstitutionen diskutieren und dazu gegenüber den Behörden Stellung nehmen. Diese Rückschau soll nicht nur mit den Instituten stattfinden, die sich dem Konzept ASP Integral angeschlossen haben, sondern es sollen auch die Institute zur Mitarbeit eingeladen werden, die in der Charta-Konferenz zusammengeschlossen sind, um einen möglichst grossen Fundus an Erfahrungen zusammenzutragen.
Fortbildung: Ein Muss für Psychotherapeut*innen
Auch nach Einführung des PsyG sind scheinbar weder das Bundesamt für Gesundheit noch die Kantone daran interessiert, ob Psychotherapeut*innen im Sinne einer Qualitätssicherung ihrer Berufsausübung an Fortbildungsveranstaltungen teilnehmen oder nicht. Ob Fortbildungen regelmässig besucht werden, wirkt sich weder auf die Vergabe von Berufsausübungsbewilligungen aus, noch hat es Einfluss auf den Eintrag ins PsyReg. Die Berufsverbände sehen es deshalb als ihre Pflicht, sich um dieses Thema zu kümmern. Dabei macht es Sinn, dass eine gewisse Harmonisierung über den Nachweis geleisteter Fortbildungen zwischen den Verbänden stattfindet, auch wenn sich die Umsetzung durchaus unterscheiden kann. Uns ist es wichtig, den Mitgliedern das Leben nicht unnötig zu erschweren und einen Anreiz zu schaffen, der für sie einen Mehrwert schafft. Eine entsprechende Regelung ist in Vorbereitung und wird nach Fertigstellung in unseren Informationskanälen publiziert.
Würdigung von Gutachten von Psychotherapeut*innen im Gerichtsfall
Nachdem wir verschiedentlich Anfragen zum Thema Würdigung von Gutachten von Psychotherapeut*innen im Gerichtsfall erhalten haben, darüber aber nichts publiziert ist, haben wir uns direkt beim Bezirksgericht Zürich erkundigt.
Vonseiten des Gerichts gibt es keine Vorgaben in der Handhabung von Gutachten. Gemäss ihrer Auskunft sind aber alle Patient*innen berechtigt, ein privates psychotherapeutisches Gutachten in Auftrag zu geben und dieses als Beweismittel den Gerichtsunterlagen beifügen zu lassen. Das heisst, Gutachten von Psychotherapeut*innen sind grundsätzlich zugelassen. Es ist dann jedoch im Ermessen des Richters oder der Richterin, wie er oder sie dieses würdigt. Dasselbe gilt im Übrigen für Gutachten, die von Behördenseite in Auftrag gegeben werden, und auch solche von ärztlicher Seite werden gleich behandelt.
Ob Gerichte anderer Kantone die Würdigung von Gutachten gleich handhaben, müsste im Einzelfall geprüft werden.
Stärkung der Rolle als Berufsverband
Inzwischen sind mutmasslich alle Psychotherapeut*innen in der Schweiz im Psychologieberuferegister eingetragen. Dieser Eintrag wird mit der eidgenössischen Anerkennung gleichgesetzt, was den Beruf zweifellos aufwertet. Was jedoch gänzlich fehlt und wo die Berufsverbände nach wie vor eine wichtige Funktion besetzen, ist bei der Gestaltung standesrechtlicher und ethischer Richtlinien. Weiter müssen Ombuds- und Beschwerdestellen sowohl für die Patient*innenseite als auch für die Mitglieder aufrechterhalten werden, eine Aufgabe, die von uns seit Jahren wahrgenommen wird. Die ASP übernimmt auch die Rolle als Anlaufstelle für Beschwerden von Psychotherapeut*innen in Ausbildung jener Institute, die in der Charta-Konferenz zusammengeschlossen sind.
Gabriela Rüttimann ist Präsidentin der ASP.