Buchbesprechung

CC BY-NC-ND

https://doi.org/10.30820/2504-5199-2019-1-38

Pam Metzeler & Anna Castranova (2018):
Dark Way. Die Geschichte eines Suizides.
Norderstedt: Books on Demand, 156 Seiten, 7.99 EUR, E-Book: 2.99 EUR

Der 17-jährige Sohn der Autorin Pam Metzeler hat sich auf die Schienen der nahegelegenen Bahn gelegt und so Suizid begangen, für die Eltern ohne Ankündigung. In diesem Buch wird geschildert, wie die Mutter davon erst mit Zeitverzögerung in Kenntnis gesetzt wurde und wie sie lernen musste, damit umzugehen. Es entsteht eine eindrückliche Darstellung der Familienverhältnisse und der eigenen Geschichte der Autorin, verwoben mit den verschiedenen Trauerphasen, Selbstvorwürfen und vielem mehr. Es gelingt den Autorinnen, ein lebhaftes Bild zu zeichnen, wie schockiert man als Eltern ist, wie die Dorfgemeinschaft sich verhält, wie die Ehe sich unter der Belastung, mit diesem Verlust fertig zu werden, verändert, wie Phasen eigener Suizidalität auftauchen und wie es dank der Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe und professioneller Hilfe in Form von Einzeltherapie beider Elternteile sowie Paartherapie ein Verarbeitungsprozess gelingt und eine neue Ausrichtung für das Weiterleben gefunden wird. Dabei wird auch deutlich, wie einzelnen Fachpersonen Behandlungsfehler unterliefen, insbesondere während einer vor den Eltern geheimgehaltenen Therapie wegen Depressionen.

Die Eltern waren nie in Kenntnis gesetzt worden, dass ihr Sohn an mittelschweren Depressionen und an einer Schilddrüsenunterfunktion litt, obwohl das von den Behandelnden so dokumentiert wurde. Erst nach dem Tod, bei der gewährten Akteneinsicht, erfuhren sie davon.

Das Motiv zu diesem Buch war es, das Thema des Suizides bei Jugendlichen nicht zu tabuisieren, sondern es anhand dieses aus der Sicht einer betroffenen Mutter geschilderten Fallbeispiels öffentlich zu thematisieren. Die Autorinnen wollen die Öffentlichkeit (und die Fachöffentlichkeit) dafür sensibilisieren, wie wichtig für eine Suizidprophylaxe die Aufklärung über psychische Krankheiten im Jugendlichenalter ist.

«Wenn die Kids ab der 5. Klasse lernen würden, was Depressionen, Borderline, Schizophrenie oder Manien sind, nämlich nichts anderes als Krankheiten, die man behandeln kann, müsste sich dafür keiner schämen. Dann würden sich vielleicht mehr Jugendliche Hilfe bei Freunden, ihren Eltern, Notfallnummern oder Therapeuten holen» (S. 149).

Die Autorinnen verweisen darauf, dass sich in Deutschland jedes Jahr 500–600 Jugendliche das Leben nehmen.

Anna Castranovo hat als Zweitautorin und Publizistin Pam Metzeler massgeblich unterstützt, dieses Buch zu schreiben. Es ist in einer leicht verständlichen Sprache geschrieben und liest sich in einem Rutsch durch. Ich empfehle es allen PsychotherapeutInnen als Horizonterweiterung aus der Perspektive einer betroffenen Angehörigen.

Peter Schulthess