Die Präsidentin berichtet

Gabriela Rüttimann

à jour! Psychotherapie-Berufsentwicklung 7 (14) 2021 4–5

CC BY-NC-ND

https://doi.org/10.30820/2504-5199-2021-2-5

Anordnungsmodell verlangt nach Qualitätsverträgen

Im Zusammenhang mit dem Anordnungsmodell müssen die Berufsverbände mit den Versicherungsverbänden sogenannte Qualitätsverträge aushandeln. Diese Verhandlungen stehen allen Verbänden des Gesundheitswesens bevor, die Zugang zur Grundversicherung haben oder haben werden.

Die Qualitätsverträge orientieren sich an Art. 58a des Krankenversicherungsgesetzes KVG, das die Massnahmen der Leistungserbringer und der Versicherer zur Qualitätsentwicklung vorschreibt. Mit diesen Verträgen will das Gesetz regeln, dass die Qualität der Leistungen der Gesundheitsfachpersonen gemessen werden kann und dass sowohl die Qualitätsmessungen wie auch allfällige Verbesserungsmassnahmen veröffentlicht werden müssen. Ebenfalls sollen Sanktionen vorgesehen werden, falls Vertragsverletzungen vorliegen. Die vorgenommenen Massnahmen sollen die Verbände in einem Jahresbericht der neu geschaffenen Eidgenössischen Qualitätskommission und dem Bundesrat vorlegen.

Zusammen mit den anderen Psychologieverbänden und weiteren Verbänden des Gesundheitswesens, die im svbg zusammengeschlossen sind, engagiert sich die ASP aktiv hinsichtlich der Erarbeitung der Kriterien für diese Verträge. Einigkeit herrscht auf Versicherer- wie auf Leistungserbringerseite, dass die Verträge eine möglichst einheitliche Struktur aufweisen sollen. Allerdings ist unklar, ob die Gesundheitsfachverbände und die Versicherer dabei dieselben Ziele verfolgen. Dies wird Gegenstand der Verhandlungen zwischen den involvierten Akteuren sein. Unser Ziel ist es, die Vorgaben so niederschwellig wie möglich zu halten nach dem Motto: So viel wie nötig, so wenig wie möglich.

Vorstandsretraite

Die diesjährige Retraite des Vorstands hatte naturgemäss auch die Umsetzung des Anordnungsmodells auf der Traktandenliste. Allerdings gab es zu diesem Zeitpunkt nichts Neues zu beschliessen und es hiess nach wie vor abzuwarten. Für unsere Mitglieder bedeutete dies daher, dass weiterhin kein Handlungsbedarf bestand. Die täglichen Anfragen, die wir an der Geschäftsstelle erhalten, werden nach dem jeweiligen Wissensstand beantwortet. Unser Augenmerk ist auf jeden Fall voll und ganz auf eine gute Umsetzung des Anordnungsmodells gerichtet. Offen sind neben der Ausgestaltung des Tarifs hauptsächlich Fragen bezüglich des zusätzlichen klinischen Jahres sowie die Zulassungsmodalitäten durch die Kantone und Fragen zur Weiterbildung.

Was die Verbandsstrategie betrifft, die jährlich an der Retraite behandelt wird, liegt zu viel im Unklaren, sodass strategische Fragen in die Zukunft verlegt werden müssen. Die weitere Entwicklung des Verbandes wird massgeblich mit der Neuausrichtung des Psychotherapieberufes zusammenhängen und damit, wie sich die Aufgabenlage zur Umsetzung präsentiert.

Mit grossem Interesse nahm der Vorstand Kenntnis von der Ado-hoc-Arbeitsgruppe, die von Prof. Dr. em. Franz Caspar, Universität Bern, einberufen worden war und die eine «Hilfestellung zur systematischen Patient*innenbefragung von Studierenden in Psychotherapie Weiterbildung» erarbeitet hat. Die Ad-hoc-Gruppe, in der ASP-Vorstandsmitglied Peter Schulthess vertreten war, hat keinen offiziellen Charakter. Auslöser für deren Gründung war die Tatsache, dass es dazu keine Vorgaben vonseiten des BAG gab und sich niemand dafür zuständig fühlte. Ein neuer Standard war bei den Akkreditierungen zwar eingeführt worden. Dieser deckt die Struktur- und Prozessqualität gut ab, nicht aber die Ergebnisqualität, die auf Patient*innenbefragungen basiert. Das entstandene Dokument enthält äussert hilfreiche Empfehlungen, die sehr breit gestreut wurden, so zum Beispiel an alle akkreditierten Weiterbildungsinstitutionen und weitere interessierte Kreise.

Qualitätsstrategie und Vierjahresziele des Bundesrats

Bis Ende August 2021 führte der Bundesrat eine Konsultation zur Strategie und den Vierjahreszielen im Hinblick auf die Sicherung und Förderung der Qualität im Gesundheitssystem durch. Zum Verfahren eingeladen war auch unser Verband, der eine Stellungnahme einreichte, die wir zusammen mit dem September-Newsletter publiziert haben. Grundsätzlich unterstützt die ASP die Anstrengungen des Bundes, die Qualität der Leistungen zum Nutzen der Patient*innen weiterzuentwickeln und verstärkt sichtbar zu machen. In den Unterlagen fehlen jedoch Überlegungen dazu, wohin sich Patient*innen mit Beschwerden wenden können. Berufsverbände sind zudem nur zuständig für ihre Mitglieder; Leistungserbringer ohne Verbandszugehörigkeit sind bis heute keinerlei ethischen Regeln unterstellt. Es ist deshalb nicht klar, wer ihnen gegenüber Vertragspartner sein soll.

Die Qualitätsstrategie und die Vierjahresziele des Bundesrats werden in einem separaten Artikel in diesem Heft genauer unter die Lupe genommen. Es bleibt zu hoffen, dass die zahlreichen Lücken, die in den Stellungnahmen aufgezeigt werden, berücksichtigt werden.

Austausch mit Psychiater*innen

An einem ersten Treffen im September ging es darum, auszuloten, welche Berührungspunkte beide Berufsgruppen haben, welche Interessen sie vertreten und wo Handlungsbedarf besteht, bzw. wo es Kooperation benötigt. Wenig überraschend zeigte sich, dass eines der Hauptanliegen vonseiten der Psychotherapeut*innenverbände und der Psychiater*innen die Ausgestaltung des zusätzlichen klinischen Jahres ist, das mit der Einführung des Anordnungsmodells vorgeschrieben ist. Das BAG verlangt zudem, dass für die gesamten drei Jahre «Klinische Praxis» ein Curriculum erarbeitet wird.

Ein wichtiges Thema stellt in diesem Zusammenhang die Psychotherapieweiterbildung dar und ob für Weiterzubildende genügend Praxisplätze zur Verfügung stehen werden. Es muss auch überlegt werden, wie das Ganze finanziert werden soll, da weder die eine noch die andere Seite gewillt ist, die Finanzlast allein zu tragen. Es zeichnete sich ab, dass Arbeitsgruppen ins Leben gerufen werden, um diese zentralen Fragen auszudiskutieren und eine für beide Seiten befriedigende Lösung zu suchen. Angesichts der kurzen Zeitspanne, die für diese Themen anberaumt ist, stehen alle Beteiligten vor einer grossen Herausforderung.

Gabriela Rüttimann ist Präsidentin der ASP.