Bericht aus den EAP-Meetings

9.–11. März 2022, online/Wien

Peter Schulthess

à jour! Psychotherapie-Berufsentwicklung 8 (15) 2022 17–19

CC BY-NC-ND

https://doi.org/10.30820/2504-5199-2022-1-17

Die Frühjahrsmeetings der verschiedenen Gremien der EAP fanden mit 58 Teilnehmenden statt. Die COVID-19-Situation zum Zeitpunkt der Planung erlaubte keine physische Präsenz. Nur gerade ein Teil des Executive Boards traf sich in Wien, alle anderen waren online zugeschaltet.

Die Meetings waren überschattet vom Krieg Russlands gegen die Ukraine, insbesondere auch durch den Umstand, dass in der EAP Psychotherapieverbände aus der Ukraine und aus Russland vertreten sind. Gleich zwei Vorstösse erreichten die EAP seitens des ukrainischen Verbandes. Beide verlangten den Ausschluss des russischen Verbandes, da man alle RussInnen als verantwortlich für den Krieg und das tägliche Töten ansehen würde. Es gäbe bisher nicht einmal ein öffentliches Statement des russischen Verbandes, das den Krieg verurteilen würde. Zudem forderte der ukrainische Verband den sofortigen Rücktritt der EAP-Präsidentin, da diese (mit dem Organisationskomitee und dem Executive Board) nebst der Gratisteilnahme auch den RussInnen eine Reduktion der Tagungskosten zugesprochen hätte. Die Präsidentin machte gleich klar, dass sie nicht gedenke zurückzutreten. Sie sei von allen Mitgliedern einstimmig gewählt worden und würde dieses Mandat weiterhin erfüllen wollen.

Der EAP wurde angedroht, öffentlich und in der EU-Kommission bekannt zu machen, dass sich der Verband nicht an die Sanktionen der EU halte, die verlangen würden, sämtliche Beziehungen zu russischen Organisationen abzubrechen. Zu beachten ist, dass sich die ExponentInnen des russischen Verbandes mit einem öffentlichen Statement in Russland strafbar machen würden und bis zu 15 Jahren Gefängnis zu gewärtigen hätten. Die Vertreterin des russischen Verbandes sagte, dass sie und ihre KollegInnen gegen den Krieg seien und es entsetzlich fänden, was die Regierung Putins da mache. Sie könne durchaus im Namen des Verbandes ein Statement der EAP unterzeichnen, dürfe das aber in Russland nicht verbreiten. Das beruhigte die UkrainerInnen nicht. Von dritter Seite wurde deutlich gemacht, dass im Unterschied etwa zu Sportanlässen die PsychotherapeutInnen aus Russland nicht ihr Land vertreten würden. Die in der EAP vereinigten Verbände seien allesamt private Vereinigungen und würden nicht ihre Nation oder Regierung vertreten, sondern lediglich die PsychotherapeutInnen im jeweiligen Land. Es sei wichtig, diese Kontakte auch in Kriegszeiten zu wahren. Die EAP sei auch kein internationales Wirtschaftsunternehmen, das Geschäfte mit Russland mache. Man bitte hier um Differenzierung. Das Gebot der Inklusion und des Kontaktes sei auch hier zu beachten und von PsychotherapeutInnen könne man erwarten, dass es auch andere Lösungen und Sichtweisen zur Konfliktbewältigung gäbe als die rigide Einteilung in Gut und Böse und den Ausschluss einzig aufgrund der nationalen Zugehörigkeit.

Die Diskussion zu diesem Thema erfolgte nach dem ersten Board Meeting vertieft im Meeting der Ethikkommission und im «Vision and Strategies» Meeting. Schliesslich schlug das Executive Board eine Resolution zur Abstimmung im letzten Bord Meeting vor, was nochmals intensiv und kontrovers diskutiert wurde. Nicht der Ausschluss des russischen Verbandes wurde jetzt gefordert, sondern die Suspension seiner Mitgliedschaft. Im Übrigen wurde die Unterstützung der ukrainischen Bevölkerung ausgedrückt und die russische Invasion verurteilt. Die EAP und ihre Mitglieder würden sich humanitär an der Bewältigung der Folgen des Krieges beteiligen und die entsprechenden Aktionen auf der Website publik machen. Da nur die Suspension umstritten war, wurde über diese separat abgestimmt: 19 waren dafür, 18 dagegen und sechs enthielten sich der Stimme. Damit war eigentlich die Suspension beschlossen, da das General Board normalerweise mit einfacher Mehrheit entscheidet. In einer Intervention machte der «Gralshüter» der Statuten jedoch darauf aufmerksam, dass diese Abstimmung mit einer absoluten Mehrheit erfolgen müsste, was nicht erreicht sei, weswegen der Beschluss verschoben werden müsse.

Meine spätere Nachforschung in den Statuten zeigte, dass sich der zitierte Passus auf Wahlen bezieht, nicht auf Sachentscheide. Zudem wurde der statutarische Weg nicht eingehalten. Die Statuten enthalten Bestimmungen, was verletzt sein muss, damit ein Ausschluss oder eine Suspension als Sanktion ergriffen werden kann. Eine Beschwerde muss an die zuständige Kommission weitergeleitet werden, die untersucht, ob die Beschwerde gerechtfertigt ist oder nicht. Sie stellt dann einen Antrag an das Governing Board über einen eventuellen Ausschluss oder eine Suspension. Eine solche Massnahme müsste mit einer Zweidrittelmehrheit beschlossen werden. Zu guter Letzt wurde auf einen weiteren Antrag hin darüber abgestimmt, dass die Mitgliedschaft zwar nicht suspendiert werden solle, jedoch das Stimmrecht zu entziehen sei. Das wurde grossmehrheitlich angenommen. Eine solche Massnahme sehen die Statuten aber gar nicht vor. Das Ganze ist ein Lehrstück für Vorstände, sich vor solch strittigen Abstimmungen mit den Statuten nochmals vertraut zu machen und gut vorbereitet in solche Sitzungen zu gehen. Es ist peinlich, wenn in einem etablierten Verband solche prozeduralen Fehler gemacht werden.

Es wurde aber auch über anderes informiert und diskutiert. Die EU-Lobby Gruppe traf sich monatlich. Neun EU-Länder haben eine Psychotherapie-Regelung, die Psychotherapie als eigenständigen Beruf regelt. Damit sind die Voraussetzungen geschaffen, dies als EU-Norm zu beantragen. Sie arbeitet an einer entsprechenden Eingabe und kooperiert auch mit jener Arbeitsgruppe, die die Anerkennung des Psychotherapieberufes auf dem EQF7 Level beantragt. Im April wird eine nächste Sitzung der Präsidentin mit der EU Kommissions-«Growth Unit» stattfinden.

Das zweite Schiedsgerichtsverfahren der EABS (European Association for Biosynthesis) gegen ein früheres Mitgliedsinstitut ist abgeschlossen worden mit einem Konsensentscheid der drei Richter. Die EABS wurde durch Courtenay Young vertreten und das beklagte Institut durch Peter Schulthess. Unparteiischer Dritter war Adrian Rhodes, ein früherer Präsident der EAP. Über den Inhalt des Urteils wurde – wie bei Schiedsgerichtsverfahren üblich – Stillschweigen vereinbart. Die beiden Parteien haben die Möglichkeit, das Urteil innert bestimmter Frist an das General Board weiterzuziehen, dann würde die ganze Sachlage verbandsintern öffentlich. So sind jetzt erstmals zwei solche Verfahren durchgeführt worden. Die drei Richter werden sich mit etwas Zeitabstand nochmals zusammensetzen, die beiden Prozesse evaluieren und der EAP Anregungen zur Verbesserung des Verfahrens geben.

Der Finanzreport zeigt ein erfreuliches Resultat. Ein Überschuss konnte insbesondere deswegen erreicht werden, weil die beiden Meetings im vergangenen Jahr online stattfanden, was viele Kosten spart gegenüber physischen Veranstaltungen vor Ort.

Im NUOC (National Umbrella Organisations Committee) wurde beantragt, die Polnische Föderation der PsychotherapeutInnen, trotz dem Bemühen, nur eine NAO (National Awarding Organisation) pro Land zu haben, wieder zu akkreditieren neben der Polnischen Psychiatrisch-Psychologischen Gesellschaft. Eine Arbeitsgruppe arbeitet daran, ob künftig nur noch eine NAO pro Land anerkannt werden solle, da die Existenz zweier Organisationen mit diesen Befugnissen immer wieder zu Konflikten führe. Sie hat aber noch keine Lösungen gefunden und das General Board auch noch nichts dazu beschlossen. Die polnische Situation rechtfertigt, dass es beide NAOs gibt, trotz Reibungen.

Ausserdem wurde beschlossen, dass die nationalen Organisationen eine Liste Ukrainisch sprechender PsychotherapeutInnen an die EAP weiterleiten sollen, die dann auf der Website als Dienstleistung für Geflohene publiziert werden soll. Auch sollen sämtliche Hilfsinitiativen der nationalen Verbände dokumentiert und ebenfalls auf der Website publiziert werden. Es wird den Verbänden empfohlen, Working Groups for Refugees einzurichten. Die sich über ganz Europa verbreitende Flüchtlingswelle erfordert in jedem Land eine psychosoziale Begleitung, zu der PsychotherapeutInnen beitragen können.

Im EWOC (European Wide Organisations Committee) wurde beschlossen, künftig die Kriterien für Weiterbildungsgänge so zu ändern, dass Supervision und Selbsterfahrung nicht bei derselben Lehrperson erfolgen können. Zu oft sei dies noch der Fall.

Die Ethikkommission arbeitet an Leitlinien für ethisches Verhalten von Institutionen. Bisher gibt es nur solche für die einzelnen PsychotherapeutInnen. Dieser Prozess wurde nicht zuletzt durch die beiden erstmals durchgeführten Schiedsgerichtsverfahren angestossen.

Mit diesem Bericht verabschiede ich mich als Vertreter der ASP in der EAP. Nach zig Jahren Zugehörigkeit zum General Board, erst für die EAGT (European Association for Gestalt Therapy) und danach für den SPV bzw. die ASP, ist die Zeit für einen Rücktritt gekommen, insbesondere, da ich immer wieder mal die EAP als Club der alten Männer, die nicht loslassen können, kritisiert hatte. Nun bin ich selbst einer und lasse die EAP los. Die Präsidentin, Patricia Hunt, ehrte mich mit einer schönen Laudatio.

Peter Schulthess ist Vorstandsmitglied der ASP und vertritt diese gemeinsam mit Gabriela Rüttimann in der EAP.