Gabriela Rüttimann
à jour! Psychotherapie-Berufsentwicklung 8 (16) 2022 4–5
https://doi.org/10.30820/2504-5199-2022-2-4
Vorstandsretraite
Auf der diesjährigen Traktandenliste der Vorstandsretraite stand als Hauptthema die Zukunft der ASP. Nicht zuletzt führte die Umwälzung, die das Anordnungsmodell für den Psychotherapieberuf bedeutet, zu einer vertieften Auseiandersetzung über die Entwicklung des Verbandes, die sich seit einiger Zeit abzeichnet und als Schrumpfungsprozess bezeichnet werden muss. Die Ursache liegt auf der Hand. Die Tatsache, dass mit der Einführung des Psychologieberufegesetzes alle weiterbildungswilligen Personen ein Psychologiestudium vorweisen müssen, spielte in die Hände des Psychologieverbandes FSP, der mit seinen Gratismitgliedschaften Psychologiestudierende direkt anwerben kann. Beim Wechsel in die Psychotherapieweiterbildung gibt es für diese kaum einen Anlass, den Verband zu wechseln. In den letzten Jahren hat dies dazu geführt, dass sich uns insbesondere seit der definitiven Einführung des PsyG weniger jüngere Mitglieder anschliessen, wir deshalb immer mehr ältere Mitglieder in unseren Reihen haben und die Mitgliederzahl laufend sinkt. Für einen Verband, der von den Mitgliederbeiträgen lebt, ist dies kein gutes Zeichen.
Finanzplanung bis 2025
Ausgangspunkt für die ausführliche Diskussion war die Präsentation der Mitgliederzahlen sowie eines Finanzierungplans, der die vergangene und prognostizierte finanzielle Entwicklung widerspiegelt. Ist die finanzielle Situation der ASP zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch solide, muss in den nächsten Jahren mit roten Zahlen gerechnet werden. Diese Ausgangslage führte unweigerlich zu Überlegungen, wie die Zukunft des Verbandes gestaltet werden könnte, und war Gegenstand von sorgfältigen Diskussionen und Abwägungen. Der Vorstand setzte schliesslich eine Arbeitsgruppe ein, die in den nächsten Monaten Szenarien überprüfen und entwickeln soll.
Zukunft der Charta
Die Charta-Versammlung vom 2. Juli 2022 in Zürich diente ebenfalls dazu, einen Blick in die Zukunft zu werfen. Nicht zuletzt waren die Auslöser der Rückzug von Mario Schlegel als langjähriger Leiter der Wissenschaftskommission, der das Amt altershalber abgibt, sowie von Veronica Defièbre als Leiterin der Charta-Konferenz. Sie wird an der nächsten Mitgliederversammlung auch nicht mehr als Vorstandsmitglied kandidieren, da sie mit ihrer Arbeit als Psychoanalytikerin völlig ausgelastet ist. Was sich an der Veranstaltung herausgestellt hat, ist der Wunsch, die Charta-Veranstaltungen weiterhin durchzuführen, da ein Bedürfnis nach Austausch zwischen den Kollektivmitgliedern vorhanden ist. Auch die Kolloquien werden aufrechterhalten.
Dauerthema Anordnungsmodell
Die Bildung einer Tarifgesellschaft der drei Verbände bedarf weiterer Diskussionen. Bevor der Vorstand eine Entscheidung treffen kann, braucht es ein Konzept und ein Budget. Ein Entscheid wurde daher zurückgestellt. Mit der Bildung der sogenannten Tarifgruppe, die zur Erarbeitung der Tarifstruktur und des Tarifs gebildet wurde, hat sich seit ihrer Einsetzung im Jahr 2013 die Zusammenarbeit der drei Verbände stark intensiviert. In verschiedenen Bereichen hat die FSP eine Führungsrolle übernommen. Dies trifft unter anderem zu für die Tarifverhandlungen mit den Versicherern und für die Festsetzungsverfahren des Tarifs mit den Kantonen. Selbstverständlich wurden alle Themen vorgängig in der Tarifgruppe besprochen und genehmigt. Sehr wertvoll waren die Webinare, an denen unsere Mitglieder online teilnehmen konnten. Die Tarifverhandlungen sind ja noch nicht abgeschlossen und müssen weitergeführt werden. Ein nächstes grosses Projekt sind die Qualitätsverträge, die mit den Versicherern ausgehandelt werden müssen, und es wird sich weisen, wie die Zusammenarbeit der Verbände in diesem Zusammenhang weitergeführt werden kann.
Problemfall Zusatzversicherung
In Bezug auf die Zusatzversicherung scheinen die meisten Versicherer keine Abrechnungen mehr zu akzeptieren, sofern die Leistungserbringer eine kantonale Zulassung erhalten und die ZSR-Nummer beantragt haben. Dabei berufen sie sich auf Art. 44 KVG über den Tarifschutz. Nach diesem Artikel müssen die Leistungserbringer sich an die vertraglich oder behördlich festgelegten Tarife und Preise halten und dürfen für Leistungen nach diesem Gesetz keine weitergehenden Vergütungen berechnen. Will der Psychotherapeut oder die Psychotherapeutin Leistungen nicht nach diesem Gesetz erbringen, muss dies der von der jeweiligen Kantonsregierung bezeichneten Stelle gemeldet werden. Es gibt in diesem Fall keinen Anspruch auf Vergütung nach diesem Gesetz. Klient*innen und Patient*innen müssen zuerst auf diesen Sachverhalt hingewiesen werden. Im Moment ist dieses Thema eine Grauzone und wird von den Versicherern teilweise unterschiedlich gehandhabt. Beanstandet wird von Patient*innen und Psychotherapeut*innen vor allem, dass dieser Wechsel ohne Vorankündigung stattgefunden hat und die Versicherten vor vollendete Tatsachen gestellt worden sind. Auch wenn in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von Versicherern die Möglichkeit von Änderungen des Abrechnungsmodus erwähnt sein sollte, wäre es bei einer solch grundlegenden Anpassung nicht mehr als angebracht gewesen, die Kund*innen vorzuwarnen.
Gabriela Rüttimann ist Präsidentin der ASP.