Die Präsidentin berichtet

Gabriela Rüttimann

à jour! Psychotherapie-Berufsentwicklung 9 (17) 2023 4–5

https://doi.org/10.30820/2504-5199-2023-1-4

Mitgliederversammlung

Die diesjährige Mitgliederversammlung fand am 27. März im Blauen Saal des Zürcher Volkshauses statt. Wie ich bereits verschiedentlich berichtet habe, beschäftigen uns zurzeit die schlechten Geschäftszahlen, die wir den Mitgliedern vorlegen mussten. Geschuldet ist dies den endlosen Tarifverhandlungen, bei denen sich tarifsuisse nach wie vor querstellt. Dazu kommen Klagen in Bezug auf die kantonalen Festsetzungsverfahren des Tarifs, die unvorhergesehene Anwaltskosten verursachen und unsere Jahresrechnung zusätzlich belasten. Ergebnis ist eine Budgetüberschreitung im Jahr 2022, für die wir von den Mitgliedern ein Nachtragsbudget genehmigen lassen mussten. Zusätzlich ist eine grössere Anzahl von Mitgliedern – zumeist altershalber – aus dem Verband ausgetreten. Mindestens einen Teil der Austritte führen wir darauf zurück, dass sie sich nicht mehr mit dem Wechsel in das Anordnungsmodell befassen wollten. Die unendliche Geschichte der Tarifverhandlungen schlägt sich auch im präsentierten Budget 2023 nieder, das wir vorausschauend vorsichtig geplant haben. Die Mitgliederversammlung hat trotz dieser widrigen Umstände den Vorstand entlastet, wofür ich mich herzlich bedanke.

Die gegenwärtige Situation mündete in meine Ankündigung an der Mitgliederversammlung, uns im Vorstand im Verlauf dieses Jahres vertieft mit der Zukunft unseres Verbandes auseinanderzusetzen und uns dabei Gedanken in alle Richtungen zu machen. Der Einbezug der Mitglieder bei der Zukunftsgestaltung, sei es in einer ausserordentlichen Mitgliederversammlung oder in einem sounding board, wurde den Mitgliedern versprochen und ist selbstverständlich.

Personell standen einige Wiederwahlen zur Diskussion. Zur Wiederwahl stellten sich die Vorstandsmitglieder Sandra Feroleto, Nicola Gianinazzi, Kurt Roth, Peter Schulthess und ich selbst als Präsidentin. Ebenfalls zur Wiederwahl stellte sich die Ombudsperson Sonja Hildebrand. Diese Wiederwahlen wurden per Akklamation bestätigt.

Verabschieden mussten sich die Mitglieder von Vorstandsmitglied und Leiterin der Charta-Konferenz Veronica Defièbre. Als Präsidentin bedanke ich mich bei ihr auch hier herzlich für ihr langjähriges Engagement und die wertvolle Zeit, die sie sowohl für den Vorstand wie auch die Charta zur Verfügung gestellt hat. Die Entwicklung ihres beruflichen Engagements erlaubt ihr keine aufwändigen zusätzlichen Mandate mehr. Mario Schlegel, langjähriger Präsident der Wissenschaftskommission und Mitbegründer der Charta, gab ebenfalls seinen Rücktritt bekannt. Er wurde in einer Laudatio in herzlichen und launigen Worten von Veronica Defièbre und Peter Schulthess verabschiedet.

Unter dem Titel «Abschaffung des Gendersterns und ähnlicher Genderformen in allen offiziellen Papieren» stellte schliesslich Marie Anne Nauer folgenden Antrag: «In den offiziellen Papieren der ASP werden als korrekte und inklusivste sprachliche Form grammatikalische Generika verwendet.» An seiner vorgängigen Sitzung hatte der Vorstand diesen Antrag bereits abgelehnt. Dass man zu diesem Thema unterschiedlicher Meinung sein kann, ist die eine Sache. Dass wir als Verband einen solchen Antrag jedoch nicht genehmigen können, steht ausser Frage. Die Mitgliederversammlung lehnte dann auch den Antrag nach kurzer Diskussion grossmehrheitlich ab.

Zum Thema Personen in Weiterbildung

Ende März führte das Bundesamt für Gesundheit (BAG) eine Online-Sitzung durch zum Thema «Stellensituation betr. 3. Jahr klinische Erfahrung in SIWF-anerkannten Einrichtungen». Mit der Einführung des Anordnungsmodells wurde die im Psychologieberufegesetz (PsyG) geforderte klinische Erfahrung als Teil der Weiterbildung in Psychotherapie von zwei auf drei Jahre erhöht. Dies nährte die Befürchtung, dass in den Kliniken, die solche klinischen Jahre anbieten dürfen, ein Mangel an Weiterbildungsplätzen entstehen könnte, insbesondere weil auch bei Personen mit einem Abschluss 2020/21 Nachholbedarf besteht, denn sie müssen das dritte Jahr ebenfalls noch absolvieren. Das BAG kam aufgrund seiner Berechnungen zum Schluss, dass das Angebot an Stellen für die zusätzliche einjährige klinische Erfahrung der Bedarfssituation entspreche. Die Bemerkung sei erlaubt, dass die präsentierten Zahlen, insbesondere zu den angeblich vorhandenen Weiterbildungsplätzen, zu bezweifeln sind.

Aufsichtsbeschwerde gegen santésuisse

Im Auftrag der Psy-Verbände hat die FSP zu Beginn des Jahres beim BAG, das die Aufsichtspflicht gegenüber den Versicherern hat, eine Aufsichtsbeschwerde eingereicht. Dies aufgrund der Weigerung von santésuisse, Leistungen von Personen in Weiterbildung via die vorgesetzte Psychotherapeutin oder den vorgesetzten Psychotherapeuten zu vergüten. Personen in Weiterbildung nehmen in Organisationen und Kliniken eine wichtige Funktion ein. Fällt deren Entlöhnung aus, drohen tausende von Patientinnen und Patienten von einer Therapie ausgeschlossen zu werden.

Mitte März lehnte das BAG die Aufsichtsbeschwerde mit dem Argument ab, dass man aus Rücksicht auf ein laufendes Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht in dieses Gerichtsverfahren eingreifen wolle. Leider ist die Vergütungspflicht von Leistungen von Personen in Weiterbildung nicht explizit gesetzlich geregelt. Jedoch hat sich diese Praxis, auch bei der Assistenzärzteschaft, seit Jahrzehnten etabliert. Jetzt sind der Bundesrat und das Parlament gefragt, die Rechtsunsicherheit zu beenden, damit bei der Behandlung von Menschen mit einer psychischen Beeinträchtigung kein Notstand droht.

Gabriela Rüttimann ist eidg. anerkannte Psychotherapeutin und Präsidentin der ASP.