Anita Garstick-Straumann (2023): Abenteuer Psychotherapie. Aus meiner spannenden Arbeit als analytische Psychotherapeutin

Trainerverlag, 138 Seiten, ISBN: 978-620-0-76762-2, 32.00 EUR, 34.80 CHF

à jour! Psychotherapie-Berufsentwicklung 9 (18) 2023 35–35

https://doi.org/10.30820/2504-5199-2023-2-35

Nach vielen Praxisjahren als Psychoanalytikerin blickt Anita Garstick-Straumann zurück auf ihre Tätigkeit und kommt zum Schluss, dass ihr Beruf spannend und vielseitig ist. Sie arbeitete erst als Lehrerein und danach als Psychoanalytikerin unter anderem auch im Schuldienst. Sie arbeitete mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Das Buch richtet sich an Laien und junge BerufskollegInnen, die noch unentschlossen sind, ob sie in eine intensive analytische Therapie einsteigen wollen. Sie ermutigt dazu.

Die Autorin legt ein Erzählbuch aus der Praxis vor. Dieses liest sich fliessend und macht manches anschaulich, was in einer Therapie mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen geschehen kann. Dazu gibt sie viele Beispiele aus ihrer Tätigkeit. Sie erläutert zugleich einige zentrale Konzepte der Psychoanalyse und wehrt sich dagegen, dass man diese aus einer Zeit von vor 100 Jahren festschreiben will, hätte sich die Psychoanalyse doch seither in Theorie wie auch Praxis stark verändert und differenziert weiterentwickelt.

Als wesentliche Funktion der Psychotherapie sieht sie, dass den PatientInnen ein Raum angeboten wird, wo ihnen wirklich zugehört wird, wo sie alles, was sie beschäftigt, äussern können im geschützten therapeutischen Raum auf Basis einer vertrauensvollen Beziehung. Das sei – gerade in der heutigen Zeit – schon viel und hätte oft allein dadurch schon eine heilende Wirkung.

Die Autorin gliedert ihr Buch in 20 verschiedene Kapitel, in denen sie verschiedenen Fragen nachgeht, die im Zusammenhang mit Psychotherapie bei Menschen auftreten können, die sich mit der Frage beschäftigen, ob sie sich auf einen solchen Prozess einlassen wollen oder nicht. So erläutert sie etwa das Thema der Übertragung anschaulich und zeigt auf, wie damit umgegangen wird in der therapeutischen Beziehung, illustriert durch Praxisbeispiele. Sie reflektiert die Rolle des Humors in der Therapie, das sogenannte Abstinenzprinzip seitens der TherapeutInnen, die Rolle der Träume, die Integration von Körper, Affekten, Gefühlen und des Denkens und der Medikamente. Sie diskutiert die Abgrenzung von Psychotherapie von Religion (verknüpft mit der Frage nach dem Sinn), sie fragt, was eine Therapie bringen kann und was nicht. In all diesem spürt man die Fachfrau auch in ihrem persönlichen Menschsein. Das Buch will nicht ein Lehrbuch sein, sondern eben ein Praxisbericht aus der Sicht der Erfahrungen der Autorin. Das ist angenehm beim Lesen, es wird nicht doziert, sondern erzählt, in manchen Kapiteln gar etwas assoziativ, was ja auch zum psychoanalytischen Arbeiten passt.

Anita Garstick-Straumann geht auch den Fragen nach, wie man den für sich geeigneten bzw. die geeignete Therapeutin finden kann, was die Kosten einer Therapie sind und weshalb sich diese lohnen können, was sich in den letzten 40 Jahren so alles verändert hat in der Kultur, unserer Lebensweisen, Normen und Werten, in der Zeitgeschichte und wie das die therapeutische Praxis beeinflusst.

Das Buch berührt, weil man die Passion und Liebe der Autorin spürt, als Psychotherapeutin Kinder, Jugendliche und Erwachsene auf dem Weg zu ihrer Selbstfindung zu begleiten. Es ist auch für BerufskollegInnen bereichernd, die persönlichen Einsichten und Haltungen der Autorin nach vielen Praxisjahren kennenzulernen, und kann dazu anregen, auch über die eigene Praxistätigkeit nachzudenken und mit den eigenen persönlichen Einsichten zu vergleichen.

Peter Schulthess