Die Präsidentin berichtet

Gabriela Rüttimann

à jour! Psychotherapie-Berufsentwicklung 9 (18) 2023 4–6

https://doi.org/10.30820/2504-5199-2023-2-4

Vorstandsretraite 2023

Der ASP-Vorstand führte vom 2.–3. September 2023 seine alljährlich stattfindende Retraite durch. Dieser Rückzug dient der Vertiefung von Themen, die an den «normalen» Sitzungen zu wenig Raum finden, einem präziseren Blick in die Zukunft sowie dem persönlichen Austausch, der unter dem Jahr ebenfalls zu kurz kommt.

Zum Anordnungsmodell

Das Anordnungsmodell betreffend konnte ich den Vorstand informieren, dass inzwischen ein Curriculum für das zusätzliche klinische Jahr erarbeitet worden ist, das neben den im PsyG definierten zwei Jahren neu verlangt wird. Ebenfalls ist angedacht, dass neben den SIWF-anerkannten Kliniken der Kategorie A, B und C eigene Kategorien für Psychotherapieweiterbildungen entstehen sollen. Vermutlich ist mit Widerstand zu rechnen, da dies ein weiterer Schritt in die Unabhängigkeit des Psychotherapieberufs bedeuten würde.

Ein Sorgenkind ist nach wie vor die Finanzierung von Personen in Weiterbildung, gegen die sich ein Grossteil der Versicherer stellt. Das Thema muss wohl auf politischer Ebene geklärt resp. gelöst werden, indem es aus dem Gewohnheitsrecht, wie es in der Ärzteschaft üblich ist, explizit ins Gesetz übertragen wird. Obwohl Bundesrat und BAG verschiedentlich geäussert haben, Personen in Weiterbildung müssten über die vorgesetzte Stelle abgerechnet werden, stellt sich santésuisse auf den Standpunkt, es fehle die gesetzliche Grundlage. Wir stellen daher fest, dass Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten zurückhaltend sind in der Anstellung von Studierenden.

IV-Vertrag verlängert

Nachdem wir uns seit dem 1. Juli 2023 in Bezug auf den IV-Vertrag zunächst in einem vertragslosen Zustand befanden, konnte diese offene Position inzwischen geklärt werden. Es hatte sich herausgestellt, dass der Vertrag nicht erneuert werden kann, solange die Tarifverhandlungen nicht abgeschlossen sind. Inzwischen konnte von der FSP mit dem BSV eine Lösung ausgehandelt werden, indem der Anhang des Vertrags von 2007 erneuert wurde und der bestehende provisorische PsyTarif, gültig seit dem 1. Juli 2023, auch für die IV abgerechnet werden kann.

Finanzielle Situation ist stabilisiert

Zwischen den Verbänden ASP, FSP und SBAP haben verschiedene Gespräche über die zukünftige Zusammenarbeit in der Tarifgruppe stattgefunden. Auslöser waren die exorbitant hohen Kosten, die durch die endlosen Tarifverhandlungen mit santésuisse entstanden sind und die unsere Finanzen arg strapaziert haben. Hervorgerufen wurden diese durch die Verweigerungshaltung von santésuisse, das eigentlich von allen Seiten beschlossene Tarifsystem zu implementieren.

Entgegen dem bisherigen Modus der Kostenteilung zu je einem Drittel pro Verband, übernehmen bis zum Abschluss der Tarifverhandlungen ASP und SBAP je 10 % der Kosten und die FSP 80 %. Die Drittelung war seinerzeit beschlossen worden mit der Absicht, dass alle drei Verbände Entscheidungen auf Augenhöhe fällen können. Spätestens nachdem die Tarifverhandlungen ihren Ausgang genommen haben, ist ein Ungleichgewicht entstanden, da die FSP, die über weit mehr Ressourcen verfügt als wir, den Lead bei den Tarifverhandlungen übernommen hat. Es war daher eher eine dankbare Erleichterung als ein Verlustgefühl, als die FSP uns diesen Deal angeboten hat.

Personelle Wechsel im Vorstand und an der Geschäftsstelle

Nach langjähriger Mitarbeit im Vorstand hat Peter Schulthess beschlossen, sein Mandat als ASP-Vorstandsmitglied per Ende 2023 niederzulegen. Er wird vorläufig weiterhin die Kursleitung für die Generischen Fächer beibehalten. Diese sind ein Bestandteil des Konzepts ASP Integral und beinhalten in der Psychotherapieweiterbildung die Kurse über die generische Psychotherapietheorie. Ebenfalls steht er bei den Reakkreditierungen, die schon bald anstehen, weiterhin beratend zur Verfügung. Beibehalten wird er auch die Redaktionen unserer beiden Zeitschriften à jour! und Psychotherapie-Wissenschaft.

Mit Peter Schulthess verliert der ASP-Vorstand ein äusserst wertvolles Mitglied, das eine grosse Lücke hinterlassen wird. Nicht nur wird sein profundes Wissen über sämtliche Bereiche der Psychotherapie fehlen. Auch sein kritischer und gleichzeitig weltoffener Geist, der stets Anstoss zu grundsätzlichen Fragen und dem Hinterfragen von Bewährtem gab, belebte immer wieder die Vorstandssitzungen. Tröstlich ist, dass Peter Schulthess sich nicht ganz von der ASP verabschiedet, sondern uns in verschiedenen Funktionen erhalten bleibt und seine Spuren hinterlassen wird. Für seinen unermüdlichen Einsatz in unserem Vorstand möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich bedanken.

Ebenfalls per Jahresende wird Marianne Roth die Geschäftsleitung altershalber abgeben. Die Nachfolge konnte bereits geregelt werden und wir freuen uns, in Christiane Stieglitz eine Nachfolgerin gefunden zu haben, die ein sehr breites Wissen sowie Fähigkeiten und Fertigkeiten mitbringt, die unseren Verband weiter voranbringen können.

Marianne Roth hat die Geschäftsleitung in einer kritischen Phase übernommen, laufend verbessert und in den heutigen soliden Zustand gebracht. Die Zusammenarbeit mit ihr schätzte ich ausserordentlich. Sie hat immer den Überblick bewahrt, war informiert und hatte die Finanzen im Griff. Ich war sehr froh, mich stets auf sie verlassen zu können. Ihre kommunikativen Fähigkeiten waren bemerkenswert und ein wichtiger Bestandteil ihrer Arbeit. Sie vertrat mich in verschiedenen Gremien, was für mich eine grosse Entlastung bedeutete. Sie zieht sich in den verdienten Ruhestand zurück, wo sie sich künftig ihren Hobbys und privaten Projekten widmen wird. Persönlich und im Namen des Vorstands bedanke ich mich bei Marianne Roth herzlichst für ihr Engagement für die ASP und wünsche ihr alles Gute.

Reakkreditierungen der Weiterbildungsinstitute

Unter dem Label ASP-Integral hat die ASP vier Weiterbildungsinstitute bei der Akkreditierung als Verantwortliche Organisation begleitet und massgeblich mitgestaltet. Bald steht die nächste Akkreditierungsrunde an, da sich sämtliche Psychotherapie-Weiterbildungsinstitute alle sieben Jahre reakkreditieren lassen müssen und die erste Akkreditierung im Jahr 2019 stattgefunden hat. Sowohl die Weiterbildungsinstitute selbst wie auch die ASP als verantwortliche Organisation müssen sich entscheiden, ob sie den Weg erneut gemeinsam gehen wollen oder ob die Institute den Alleingang wählen. Die ASP steht weiterhin zur Verfügung, wird jedoch den Instituten, die den Alleingang wählen, nicht im Wege stehen.

Charta-Konferenz

Mit Nathalie Jung hat der Vorstand der ASP ein engagiertes und motiviertes neues Mitglied erhalten. Nathalie Jung hat gleichzeitig die Leitung der Charta-Konferenz übernommen, die damit einen Neuaufbruch wagt. Die Wissenschaftskommission muss von Grund auf erneuert werden, die Kommission für Qualitätssicherung und -entwicklung muss ihre Rolle noch besser finden. Sicher ist, dass die Zusammenarbeit mit den Kollektivmitgliedern der ASP – Weiterbildungs- und Fortbildungsinstitute – intensiviert werden muss. Es hat bereits eine vielversprechende Sitzung stattgefunden, wo die Weiterbildungsinstitute auch ihre Vorstellungen und Wünsche formuliert haben, welche Dienstleistungen sie von der ASP gern erwarten würden. Dabei ist wichtig, Synergien zu erkennen und daraus gewonnene Erkenntnisse für beide Seiten konstruktiv und gewinnbringend umzusetzen.

Natalie Jung

Ausbaupotenzial

Die Akquisition von neuen Mitgliedern ist für unseren Verband ein Dauerthema. Wie der Ärzteschaft bereitet auch uns das steigende Durchschnittsalter in der Psychotherapie Sorgen. Dafür gibt es verschiedene Gründe. Das Psychologiestudium und die anschliessende Weiterbildung dauern rund acht bis zehn Jahre. Anders als Fachärztinnen und Fachärzte in Psychiatrie und Psychotherapie müssen angehende psychologische Psychotherapeut*innen ihre Weiterbildung selbst berappen, was sie CHF 60.000 oder mehr kosten kann. Psychologie-Studierende überlegen sich deshalb zweimal, ob sie die vier- bis sechsjährige Weiterbildung in Angriff nehmen wollen. Ein weiterer Grund, neue Mitglieder zu gewinnen, ist die Tatsache, dass es für uns als Berufsverband der Psychotherapeut*innen nicht einfach ist, direkt an Psychologiestudierende zu gelangen und diese bereits während dem Studium als Mitglieder zu gewinnen.

Weiteres Ausbaupotenzial sehen wir bei zielgerichteten Fortbildungsveranstaltungen, die auf die Bedürfnisse der Mitglieder ausgerichtet sind. Die bisher durchgeführten Veranstaltungen haben uns bewiesen, dass erstens ein grosser Bedarf besteht und sich zweitens professionell durchgeführte Fortbildungen grossen Interesses erfreuen und sehr gut besucht sind, was uns motiviert, das Angebot weiter auszubauen.

Gabriela Rüttimann ist Präsidentin der ASP.