Bessere Vernetzung der privaten Weiterbildungsinstitute

Peter Schulthess

à jour! Psychotherapie-Berufsentwicklung 10 (19) 2024 16–17

https://doi.org/10.30820/2504-5199-2024-1-16

Am 30. Oktober 2021 veranstaltete die ASP eine viel beachtete Tagung zum Thema «Trends Richtung Akademisierung der Psychotherapieweiterbildung» (vgl. den Tagungsbericht in à jour! 2-2021)1. Mit dabei waren auch Weiterbildungsanbieter, die nicht zur Charta bzw. der ASP gehören. Selbst die FSP war vertreten. Dies war ein wichtiger Schritt zu einer verbandsübergreifenden Zusammenarbeit. Der ASP wurde attestiert, dass sie spannende Tagungen organisiert und relevante Themen aufgreift. Es wurde schon damals der Ruf nach einer besseren Vernetzung der privaten Weiterbildungsanbieter laut, um deren Interessen gegenüber BAG und PsyKo optimaler zu vertreten. Die Frage, ob es dazu einen eigenen Verein bräuchte als Organisationsstruktur oder ob ein kontinuierliches Gefäss wie diese Tagung als Forum ausreichend wäre, wurde gestellt. Einig war man sich, dass es ein Gefäss, eine gemeinsame Plattform braucht, wo die privaten Weiterbildungsträger sich austauschen und aktiv werden können.

Seitens der systemischen Institute wurde die Idee in der Zwischenzeit weiterentwickelt und findet auch bei mehreren aktuellen und ehemaligen Charta-Instituten Anklang. Interessant ist dabei, dass ehemalige Charta-Institute, die nach der Akkreditierung ihres Weiterbildungsgangs die Charta mit der Begründung verliessen, man bräuchte diese nun nicht mehr, da man ja jetzt akkreditiert sei, sich nun stark machen für die Gründung eines neuen Vereins, um gemeinsam ein stärkeres politisches Gewicht zu erhalten.

Gründung eines neuen Vereins geplant

So liegt nun ein Statutenentwurf für die Gründung eines neuen Vereins vor:

Name & Sitz

Unter dem Namen Verein privater Weiterbildungsanbieter (WBA) besteht mit Sitz in XY ein Verein im Sinne von Art. 60ff ZGB.

Zweck

Der Verein bezweckt die Förderung des politischen Gewichts privater Weiterbildungsanbieter bei der Weiterentwicklung und Umsetzung des Psychologieberufegesetzes (PsyG), namentlich der Akkreditierungsverordnung des Bundes, in Bezug auf die Qualitätsstandards des Bundes sowie den Akkreditierungsprozess und der Vertretung der privaten Weiterbildungsinstitute in relevanten Gremien (Psyko, Expert:innengruppen usw.). Die Vereinsziele sind im Tätigkeitsprogramm definiert.

Der Fachverband Systemis hat in diesem Projekt eine Führungsrolle übernommen und will sich nach Gründung des neuen Vereins aus dieser wieder zurückziehen. Alle privaten Anbieter eines akkreditierten Weiterbildungsgangs wurden im ersten Quartal 2024 angeschrieben und eingeladen, an der Gründungsversammlung Ende Mai 2024 teilzunehmen. Man will einerseits den neuen Verein gründen, parallel dazu allerdings auch prüfen, inwieweit die nationalen Dachverbände (FSP, ASP und hier insb. die Charta) das Anliegen unterstützen und die Vertretung der privaten Weiterbildungsinstitute verstärkt ebenfalls wahrnehmen können.

Würdigung

Aus meiner Sicht ist diese Initiative zu begrüssen. Es ist in der Tat so, dass die Akademisierung der Psychotherapie-Weiterbildung voranschreitet, das sieht man auch an den revidierten Qualitätskriterien und Strukturvorgaben im Reakkreditierungsprozess. Sie sind auf universitäre Weiterbildungsgänge, vornehmlich Verhaltenstherapie-orientierter Prägung, zugeschnitten. Die ExpertInnengruppen sind überwiegend mit UniversitätsprofessorInnen aus dem In- und Ausland bestückt oder mit Personen, die aktive Rollen in universitären Weiterbildungslehrgängen innehaben. ExpertInnen aus der privaten Praxis ohne Anbindung an eine Universität oder Personen aus privaten Weiterbildungsträgern werden kaum je eingesetzt. Universitäre Lehrgänge haben einen grossen Vorteil durch die Anbindung an universitäre Forschung. Private Weiterbildungsgänge haben Mühe, sich mit ihrem Therapieansatz an universitärer Forschung zu beteiligen, und können als einzelne Institute keinen eigenen Forschungsapparat betreiben. Universitäten bevorzugen es, ihre eigenen Programme und Ansätze zu beforschen. Das führt längerfristig dazu, dass die von privaten Weiterbildungsträgern angebotenen Programme als wenig beforscht beurteilt werden (von Universitätsprofessoren, die als Experten eingesetzt sind) und die Reakkreditierung verpassen könnten. Nach meinem Wissensstand hat bisher kein universitärer Lehrgang die Reakkreditierung nicht geschafft, hingegen mehrere private Programme.

Es gibt somit gute Gründe, den Einfluss der privaten Weiterbildungsanbieter gegenüber BAG, PsyKo und der Akkreditierungsinstanz zu stärken. Diese Aufgabe könnte alternativ zur Gründung eines neuen Vereins allerdings auch die Charta wahrnehmen. Sie wurde ja ursprünglich als Schweizerische Konferenz der Weiterbildungsinstitute und Berufsverbände gegründet. Zu sagen, es würde kein Handlungsbedarf bestehen, da die privaten Weiterbildungsangebote bereits heute in der PsyKo genügend vertreten wären, halte ich für verfehlt.

Das BAG betont immer noch, dass ihm an einer Vielfalt der Weiterbildungsangebote liegt. Auch die nationalen Berufsverbände betonen dies. Es braucht eine bessere Vertretung der privaten Weiterbildungsanbieter, geschehe das nun durch eine Erweiterung der bereits bestehenden Charta oder durch einen neuen Verein. Eine Zusammenarbeit mit den nationalen Dachverbänden und eine Kooperation mit Universitäten etwa im Bereich der Psychotherapieforschung ist zu wünschen. Frau Professor Munsch, seinerzeit Präsidentin der PsyKo, hatte an der ASP-Tagung 2021 geäussert, dass ihr an einer solchen Zusammenarbeit liege und dass sie der Meinung sei, die Universitäten sollten Forschung schulenunabhängig betreiben. Das ist ein vielversprechendes Zeichen.

Peter Schulthess ist ehemaliges Vorstandsmitglied der ASP und ehemaliger Vorsitzender der Schweizer Charta für Psychotherapie. Er war Initiant und Mitorganisator der ASP-Tagung vom 30. Oktober 2021.