Psychotherapiegesetz in Deutschland verabschiedet

Peter Schulthess

https://doi.org/10.30820/2504-5199-2019-2-17

Das Reformgesetz zur Psychotherapie in Deutsch­land ist am 26. September 2019 verabschiedet worden und muss nun noch vom Bundesrat in Kraft gesetzt werden. Das soll noch im laufenden Jahr erfolgen. Die Initiative zu dieser Reform kam übrigens nicht etwa von den PsychotherapeutInnen und deren Verbänden oder seitens der Universitäten, sondern von VerwaltungsbeamtInnen, die sich wunderten, warum ein Beruf so geregelt ist, dass man erst einen anderen Beruf erlernen muss. Hochschulberufsausbildungen in wissenschaftlichen Berufen sind in aller Regel als Direktstudiengänge geregelt. Beispiele: Arzt, Ingenieurin, Architekt, Juristin, Apotheker usw. Deutschland kannte ein Psychologengesetz und ein separates Psychotherapeutengesetz. Es erschien systemwidrig, erst ein Psychologiestudium absolvieren zu müssen, bevor man eine Psychotherapieausbildung machen darf. Die Universitäten zogen dann aber nach ersten Widerständen gern mit in dieser Reform. Die Modellstudiengänge sollen im Rahmen der psychologischen Fakultäten bzw. Hochschulinstitute eingerichtet werden.

Nachfolgend geben wir eine Meldung des deutschen Bundesministeriums für Gesundheit vom 27. September 2019 zum aktuellen Stand der Reform des Psychotherapeutengesetzes wieder.

Peter Schulthess ist Vorstandsmitglied der ASP.

Moderne Ausbildung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten

Gesetz zur Reform der Psychotherapeutenausbildung

Die Ausbildung der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten wird auf eine neue gesetzliche Grundlage gestellt und die psychotherapeutische Versorgung verbessert. Künftig soll die Approbation als Psychotherapeutin oder als Psychotherapeut nach einem fünfjährigen Universitätsstudium erteilt werden. Für den Zugang zum Versorgungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung ist eine anschließende Weiterbildung notwendig. Der neue Studiengang soll zum Wintersemester 2020 erstmals angeboten werden.

Geänderte Berufsbezeichnung

Der Begriff Psychotherapeutin/Psychotherapeut wird künftig als Berufsbezeichnung festgelegt. Bisher lautete die Bezeichnung Psychologische Psychotherapeut/innen oder Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut/innen. Ärztinnen und Ärzte, die Psychotherapie anbieten, können sich ärztliche Psychotherapeutin/ärztlicher Psychotherapeut nennen.

Moderne, anspruchsvolle Ausbildung

Künftig können Universitäten ein Direktstudium zur Ausbildung in der Psychotherapie anbieten. Es gliedert sich in ein 3-jähriges Bachelor- und ein 2-jähriges Masterstudium und wird mit einer staatlichen psychotherapeutischen Prüfung abgeschlossen. Die Approbation (Erlaubnis zur Behandlung) wird bei bestandener Prüfung erteilt.

Weiterbildung: Angemessene Vergütung

An das Studium soll eine nach jeweiligem Landesrecht organisierte Weiterbildung in stationären oder ambulanten Einrichtungen angeschlossen werden. Im ambulanten und stationären Bereich werden die Behandlungsleistungen, die Psychotherapeuten in Weiterbildung (PiW) im Rahmen ihrer Weiterbildung erbringen, von den Krankenkassen vergütet.

Ein fester Anteil der Vergütung, die die Krankenkassen für die von Psychotherapeuten in Weiterbildung («PiWs») erbrachten ambulanten Krankenbehandlungen an die Weiterbildungsstätten zahlen, ist an die PiWs weiterzugeben. Die gleiche Regelung gilt für angehende Psychotherapeuten, die ihre Ausbildung nach dem bisherigen System angefangen haben («PiAs»).

Die angehenden Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die ihre Ausbildung bereits angefangen haben, erhalten als Psychotherapeut in Ausbildung («PiA») künftig eine Mindestvergütung von monatlich 1.000 Euro während der praktischen Tätigkeit (Vollzeit). Bisher ist keine Vergütung geregelt. Die Mindestvergütung wird durch die Krankenkassen refinanziert.

Mit Abschluss der Weiterbildung sind Psychotherapeuten berechtigt, sich ins Arztregister eintragen zu lassen und einen Antrag auf Zulassung zur ambulanten psychotherapeutischen Versorgung im System der gesetzlichen Krankenversicherung zu stellen.

Verbesserungen bei der Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen

Auch die Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen soll durch den Gesetzentwurf verbessert werden. Hausärzte, Psychotherapeuten, Suchtberatungsstellen und Familiendienste sollen in Zukunft besser zusammenarbeiten. Dafür soll der Gemeinsame Bundesausschuss beauftragt werden, die Behandlung besser zu strukturieren und zu koordinieren.

Und auch der Übergang von der stationären in die ambulante Versorgung soll erleichtert werden: Probatorische Sitzungen niedergelassener Psychotherapeuten sollen bereits frühzeitig in den Räumen des Krankenhauses stattfinden können.

Außerdem wird für die Teilnahme an Gruppentherapien künftig kein Gutachten mehr nötig sein. Dadurch wird der Zugang erleichtert.

Um Psychotherapeuten, die ihren vollen Versorgungsauftrag erfüllen, einen Anreiz zu geben, mehr Therapieplätze anzubieten, wird ein Vergütungszuschlag eingeführt.

Das Gesetz wurde am 26. September im Deutschen Bundestag beschlossen und ist im Bundesrat zustimmungspflichtig. Es soll in der 2. Jahreshälfte 2019 verkündet werden.