Peter Schulthess

Das Psychologieberufegesetz tritt am 1. April 2013 in Kraft

Am 15. März 2013 hat der Bundesrat das Psychologieberufegesetz (PsyG) auf den 1. April 2013 in Kraft gesetzt. Mit dem neuen Gesetz werden geschützte Berufsbezeichnungen eingeführt und die Aus- und Weiterbildung sowie die Berufsausübung der Psychotherapeutinnen und –therapeuten geregelt.

„Das Psychologieberufegesetz wurde 2011 vom Parlament verabschiedet. Es ist das Ergebnis zweier unterschiedlicher Gesetzgebungsaufträge: bereits vor 15 Jahren erteilte der Bundesrat den Auftrag, die Aus- und Weiterbildung der nichtärztlichen Psychotherapeutinnen und -therapeuten in einem eigenen Gesetz zu regeln. In der Folge wurden 2001 zwei parlamentarische Vorstösse überwiesen, die beide einen geschützten Titel für Psychologinnen und Psychologen forderten und damit den Gesetzgebungsprozess in Gang setzten.

Künftig darf sich in der Schweiz nur noch Psychologin oder Psychologe nennen, wer über einen Masterabschluss oder einen gleichwertigen Studienabschluss in Psychologie verfügt. Damit wird Transparenz auf dem bisher unübersichtlichen Markt psychologischer Angebote geschaffen. Personen, die psychologische Dienstleistungen in Anspruch nehmen, werden dadurch vor Täuschung geschützt.

Mit eidgenössischen Weiterbildungstiteln wird zudem ein neues Qualitätslabel in den Fachgebieten Psychotherapie, Neuropsychologie, klinische Psychologie, Gesundheitspsychologie sowie Kinder- und Jugendpsychologie eingeführt. Mit dem Instrument der Akkreditierung wird die Qualität der entsprechenden Weiterbildungen überprüft. Weiterbildungsinstitute müssen akkreditiert sein und sich regelmässig überprüfen lassen, um eidgenössische Weiterbildungstitel verleihen zu können.

Qualitätssicherung wird auch im Bereich Psychotherapie eingeführt. Wer Psychotherapie privatwirtschaftlich und in eigener fachlicher Verantwortung ausüben will, muss künftig nach dem Hochschulstudium in Psychologie  eine akkreditierte psychotherapeutische Weiterbildung absolviert  haben und einen anerkannten Weiterbildungstitel vorweisen können. Die Bestimmungen zur Ausübung des Berufes als Psychotherapeut werden auf Bundesebene vereinheitlicht, was für eine gesamtschweizerisch gleichmässig hohe Qualität im therapeutischen Bereich sorgt. Den Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten, die bereits über eine kantonale Berufsausübungsbewilligung verfügen ebenso wie den Personen, die ihre Weiterbildung in Psychotherapie bereits vor Inkrafttreten des neuen Gesetzes begonnen haben wird mit den entsprechenden Übergangsbestimmungen Rechnung getragen.

Ausländische Aus- und Weiterbildungstitel müssen der eidgenössischen Psychologieberufekommission vorgelegt werden: Nur diejenigen Fachpersonen, deren Aus- und Weiterbildung die Kommission als gleichwertig anerkennt, werden sich künftig in der Schweiz als Psychologen bezeichnen können und fachlich selbständig psychotherapeutisch tätig sein dürfen. Von der Inkraftsetzung ausgenommen bleiben vorerst die Bestimmungen über das Psychologieberuferegister, welches zu einem späteren Zeitpunkt realisiert wird.“ (Quelle: Mitteilung der Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft:

http://www.news.admin.ch/message/index.html?lang=de&print_style=yes&msg-id=48161 (deutsch)

http://www.news.admin.ch/message/index.html?lang=fr&msg-id=48161 (französisch)

http://www.news.admin.ch/message/index.html?lang=it&msg-id=48161 (italienisch)

Was bedeutet das für bereits berufstätige PsychotherapeutInnen?

Das Übergangsrecht ermöglicht, dass jene PsychotherapeutInnen, welche ein provisorisch akkreditiertes Weiterbildungsprogramm absolviert haben (unabhängig, ob ihr Grundstudium eines in Psychologie war oder nicht), sich künftig eidgenössisch anerkannte Psychotherapeutin, bzw. eidgenössisch anerkannter Psychotherapeut nennen dürfen. Eine Liste der provisorisch anerkannten Weiterbildungsgänge ist der vom Bundesrat ebenfalls per 1.4.2013 in Kraft gesetzten Psychologieberufeverordnung (PsyV) zu entnehmen. Sie kann heruntergeladen werden auf folgender Website:

http://www.bag.admin.ch/themen/berufe/00994/index.html?lang=de

http://www.bag.admin.ch/themen/berufe/00994/index.html?lang=fr

http://www.bag.admin.ch/themen/berufe/00994/index.html?lang=it

(Die hintersten Buchstaben geben die jeweilige Landessprache an.)

Die provisorisch akkreditierten individuellen Weiterbildungsgänge der Berufsverbände ermöglichen jenen PsychotherapeutInnen, welche ihre Ausbildung vor vielen Jahren oder nicht aufgrund eines anerkannten Curriculums an einem Institut gemacht haben, durch die Mitgliedschaft in einem dieser Berufsorganisationen, ebenfalls weiterhin als PsychotherapeutInnen berufstätig zu bleiben. Wer kein provisorisch akkreditiertes Curriculum absolviert hat und noch in keinem der Berufsverbände ASP, FSP oder SBAP als PsychotherapeutIn anerkannt ist, soll sich sinnvollerweise einem dieser drei Berufsverbände anschliessen und den eigenen individuellen Werdegang überprüfen lassen.

Was bedeutet dies für Personen, welche sich derzeit in Weiterbildung zur PsychotherapeutIn befinden?

Wer sich zum Zeitpunkt des Inkrafttretens in Weiterbildung in einem provisorisch akkreditierten Programm befindet und über kein vom neuen Gesetz vorgeschriebenes Psychologiestudium verfügt, muss die Weiterbildung bis spätestens 31.3.2018 abgeschlossen haben, um als PsychotherapeutIn eidgenössisch anerkannt zu werden. Wer über ein entsprechendes Psychologiestudium als Grundausbildung verfügt, kann sich mehr Zeit lassen, muss aber im Falle eines Abschlusses nach dem 31.3.2018 einen ordentlich akkreditierten Weiterbildungsgang absolvieren.

Was bedeutet dies für Personen, welche neu eine psychotherapeutische Weiterbildung beginnen wollen?

Infrage kommen nur provisorisch akkreditierte Weiterbildungsgänge. Grundvoraussetzung ist ein Abschluss eines Psychologiestudiums im Sinne des PsyG. Die provisorische Akkreditierung der Weiterbildungsgänge gemäss PsyG gilt 5 Jahre. Danach erlischt sie, wenn das entsprechende Programm nicht bis dahin ordentlich akkreditiert worden ist. Da viele psychotherapeutische Weiterbildungsgänge auf 4 oder 5 Jahre konzipiert sind, empfiehlt es sich für die Weiterbildungsträger, ihre Programme möglichst bald ordentlich akkreditieren zu lassen, um den Studierenden eine möglichst hohe Rechtssicherheit zu gewähren. Wer jetzt ein provisorisch akkreditiertes Programm beginnt, muss sich darauf einstellen, dass im Laufe des Akkreditierungsverfahrens auch curriculare Anpassungen erfolgen können. Sollte ein provisorisch akkreditierter Weiterbildungsgang später nicht ordentlich akkreditiert werden, so haben die Studierenden trotzdem eine Rechtssicherheit: Sie können den Weiterbildungsgang wechseln, wobei im neuen Weiterbildungsgang die Vorleistungen des bisherigen sinnvoll angerechnet werden müssen. Oder sie können sich von einem der genannten Berufsverbände nach Prüfung des individuellen Werdeganges aufnehmen lassen. Es ist intendiert, dass die drei Berufsverbände ihre Curricula für individuelle Werdegänge auch ordentlich akkreditieren lassen.

Abschlusszertifikate

Ordentlich akkreditierte Weiterbildungsgänge werden mit einem Abschlusszertifkat beendet, welches von der verantwortlichen Weiterbildungsorganisation und von einem Vertreter des Bundes unterzeichnet ist. Wer aufgrund der übergangsrechtlichen Bestimmungen, bzw. aufgrund eines provisorisch akkreditierten Abschlusses als eidgenössisch anerkannte PsychotherapeutIn tätig ist, erhält kein neues Zertifikat. Das bisherige Abschlusszertifikat des jeweiligen provisorisch akkreditierten Weiterbildungsganges entfaltet dieselbe Rechtswirkung wie ein künftiges nach einem ordentlich akkreditierten Weiterbildungsgang.

Berufsregister

Das PsyG sieht vor, dass alle eidgenössisch anerkannten PsychotherapeutInnen in einem öffentlich publizierten Register eingetragen werden. Dieses Register ist mit dem Medizinalberufegesetz zu koordinieren. Die Meldebestimmungen zur Eintragung in dieses Register sind noch nicht fertig ausgearbeitet. Das Register wird erst in einigen Monaten bereit stehen. Die Berufsverbände werden zu gegebener Zeit informieren.

Was verändert sich in den minimalen Anforderungen der Weiterbildung und was bedeutet das für die Charta-Standards?

Die bisherigen Charta-Minimalstandards einer Weiterbildung sind wie folgt definiert: 400 Std. Theorie, 300 Sitzungen (davon mind. 100 im Einzelsetting) Selbsterfahrung, 250 Sitzungen Supervision (davon mind. 100 im Einzelsetting), 1 Jahr vollzeitliche psychotherapeutische Praxistätigkeit.

Gemäss Qualitätsstandards im Entwurf der PsyV sind folgende Minima festgehalten: 500 Std. Theorie, 150 Sitzungen Selbsterfahrung (davon mind. 50 im Einzelsetting), 100 Std. Supervision (davon mindestens 50 im Einzelsetting), wahlweise 50 weitere Std. Selbsterfahrung oder Supervision und 2 Jahre Berufstätigkeit in einer Institution der psychiatrisch-psychotherapeutischen Grundversorgung (das kann auch eine Privatpraxis sein), wobei das eine Jahr auch in einer Institution der psychosozialen Grundversorgung (z.B. einer Beratungsstelle) stattfinden kann, ohne dass die Tätigkeit psychotherapeutisch war.

Insgesamt wird das Gewicht vom BAG nun mehr auf Theorie und Berufspraxis gelegt, während die Weiterbildungsteile Selbsterfahrung und Supervision gegenüber der Charta-Norm deutlich verringert werden, aber auch unter das bisherige Niveau der übrigen Berufsverbände und aller Kantone fallen.

Die Charta -Institutionen befürchten dadurch eine Verschlechterung des Weiterbildungsstandards in der Schweiz, was vom Gesetzgeber so sicher nicht intendiert war. Dieser hat nun aber nichts mehr zu sagen, denn das Gesetz delegiert diese Normenfestsetzung an das Departement, bzw. das BAG.

Die Institutionen der Charta sind jetzt gefordert, ihre Ausbildungsminima zu überprüfen und gegebenenfalls den Charta-Minimalstandard zu verändern. Es zeichnen sich drei Optionen ab: Eine Teil der Institutionen möchte aus Glaubwürdigkeitsgründen für eine seriöse Weiterbildung den bisherigen Charta-Standards in etwa halten, ein anderer Teil möchte ihn aus Konkurrenzgründen auf die gesetzlichen Minima absenken. Diskutiert wird derzeit auch die Idee, einen ersten berufsberechtigenden Abschluss auf dem gesetzlichen Minimum abzugeben und einen zweiten auf dem höheren Charta-Niveau. Dieses Thema wird an der Herbstmitgliederversammlung der Charta weiter bearbeitet werden.