Eva Mückstein, Präsidentin

Bericht aus dem Österreichischen Bundesverband für Psychotherapie

Liebe Kolleginnen!

Liebe Kollegen!

Das Österreichische Bundesinstitut für Gesundheitswesen (ÖBIG) hat im Auftrag des österreichischen Bundesministeriums für Gesundheit die aktuelle psychotherapeutische Versorgung in Österreich auf der Datenbasis 2009 beleuchtet. Mit einem Resümee aus dieser Analyse möchte ich Ihnen einen Einblick in den derzeitigen Stand der psychotherapeutischen Versorgung im Allgemeinen, der Versorgung mit Psychopharmaka, sowie der Versorgungs- und Finanzierungsmodelle geben.

Weiters berichte ich über die kürzlich herausgegebene Ausbildungsstatistik 2010 und die daraus abzuleitenden Tendenzen und Entwicklungen in der Psychotherapie-Ausbildung.

Ausgaben für Psychotherapie erhöht – Versorgungsangebot dennoch bei Weitem noch nicht ausreichend

Die Ausgaben der Sozialversicherung für Psychotherapie und psychotherapeutische Medizin erhöhten sich im Vergleich zum Jahr 2007 um rund 12 Prozent auf 59,7 Mio Euro. 56 Prozent der Gesamtausgaben gingen an kassenfinanzierte Psychotherapie durch Vereine und Institutionen, 22 Prozent an Leistungen durch Vertrags- und WahlärztInnen, 21 Prozent an Kostenzuschüsse zur psychotherapeutischen Behandlung bei niedergelassenen PsychotherapeutInnen und ein Prozent an die Leistungen kasseneigener Einrichtungen.

Trotz der Steigerung der Ausgaben in den letzten Jahren ist die Versorgung in keinem Bundesland ausreichend. Die nach wie vor größten Hürden für PatientInnen sind lange Wartezeiten auf Kassenplätze. Die freie PsychotherapeutInnen-Wahl kann ohne lange Wartelisten nicht gewährleistet werden. Das hat zur Folge, dass sich rund die Hälfte aller Psychotherapie-PatientInnen an niedergelassene PsychotherapeutInnen wenden, die keine voll kassenfinanzierten Psychotherapien anbieten können. Die Versicherungsträger finanzieren dazu zwar einen Kostenzuschuss, dieser deckt in der Regel jedoch nur ein Viertel der Behandlungskosten.

Das vom ÖBVP langjährig verfolgte Ziel einer durchgängigen Kassenfinanzierung der Psychotherapie ist auch aus Sicht des ÖBIG nach wie vor ein wesentlicher Schritt zur Verbesserung der psychotherapeutischen Versorgungslage. Fazit: Die Ausgaben der Sozialversicherungsträger haben sich zwar erhöht, dadurch können mehr Personen kassenfinanzierte Psychotherapie in Anspruch nehmen, der Bedarf wird mit den aktuell praktizierten Versorgungsmodellen jedoch nicht gedeckt, nur etwa 30.000 Personen kommen in den Genuss einer kassenfinanzierten Psychotherapie, Psychotherapie im engeren Sinn können in Österreich insgesamt nur rund 0,8 Prozent der Bevölkerung wahrnehmen, das entspricht etwa einem Drittel des statistischen Bedarfs. Aufgrund dieser Tatsachen appelliert das ÖBIG an die Krankenkassen, das Angebot zu erweitern und eine Verbesserung der Zugangsmöglichkeiten zu sichern:

• Die Kontingentierung der kassenfinanzierten Psychotherapie-Einheiten sollte aufgehoben werden.

• Die psychotherapeutische Versorgung sollte vereinheitlicht und der medizinischen Versorgung gleichgestellt werden.

Zahl der Verordnungen für Antidepressiva stark gestiegen

Im Jahr 2009 wurden in Österreich rund 10,7 Millionen Verordnungen von Psychopharmaka registriert, was einer Steigerung von 15 Prozent im Vergleich zum Jahr 2007 entspricht. Die Ausgaben für Psychopharmaka im Jahr 2009 betrugen in Österreich rund 231 Mio Euro. Was die Versorgung mit Psychopharmaka betrifft, sind Verordnungen von Antidepressiva seit 2003 am stärksten gestiegen. Allerdings hat sich das Indikationsspektrum für die Verschreibung von Antidepressiva ebenfalls erweitert. Der Hauptgrund für den Anstieg der Verschreibungen könnte die Verordnung von so genannten „atypischen Antipsychotika“ sein. Antidepressiva verursachen als verordnungsstärkste Gruppe (49 Prozent) mit 41 Prozent den zweitgrößten Kostenanteil. Der größte Anteil (79 Prozent) an Psychopharmaka wird in Österreich von AllgemeinmedizinerInnen verschrieben. Diese ÄrztInnen-Gruppe spielt somit eine zentrale Rolle bei der Verordnung von Psychopharmaka.

Psychotherapeutische Ausbildungsstatistik 2010

In Österreich stehen derzeit rund 3000 Personen in propädeutischer Ausbildung, wobei der Frauenanteil wie in den letzten Jahren bei etwa 80 Prozent liegt. Bei den erlernten Berufen der AusbildungskandidatInnen erkennt man einen Rücklauf bei MedizinerInnen, nicht aber bei PsychologInnen. Die häufigste Qualifikation ist die Matura mit 40 Prozent der KandidatInnen.

Der Trend bestätigt sich auch beim psychotherapeutischen Fachspezifikum. Auch hier ist ein Absinken des Anteils an MedizinerInnen festzustellen. Knapp 30 Prozent der Studierenden haben ein Psychologie-Studium absolviert, nur 10 Prozent ein Medizinstudium. Der Frauenanteil ist auf über drei Viertel gestiegen.

Bei der Ausbildung in Klinischer Psychologie und Gesundheitspsychologie hat sich die Anzahl der Personen von 480 im Jahr 2001 auf 760 im Jahr 2010 erhöht, mit einem Frauenanteil von rund 90 Prozent.